vollzogen wurde u. den Namen Anna Maria erhielt. Unsere kleine Anna wurde jeden Tag //Nacht// zu
einer unserer Freundin Frau Mayor oder Frau Ward gegeben, welche für sie sorgten u. sie warteten.
Auch am Abend des 14ten. Juny’s geschah dies, u. zwar sollte dies das letzte Mal seyn; Meine l. Frau ver äußerte
ungewöhnlich spät an diesem Abend den Wunsch, sie möchte ihre kleine Tochter noch sehen. Ich machte Einwendungen
das es so spät sey; aber ihre Sehnsucht überwand mich. Ich ging, u. brachte es vor ihrem Bette. Sie fühlte
es schwer diese Nacht von dem Kinde getrennt zu seyn u. wollte es immer noch einige Minuten länger behalten,
da ich aber keine hinreichenden Gründe für dieses sah u. sie noch sehr schwach u. entsetzlich angegriffen
war brachte ich unsere kleine Anna wieder nach ihrem Orte zur Frau Mayor, wenn die Mutter die zuvor
an ihr Herz gedrückt hatte - - O mein Gott! hätte ich das zu der Stunde geahnet, was ich jetzt
weiß, ich hätte noch gerne die Kleine in der Mutter Arme, wenigsten länger gelassen; denn
[?] es war das letzte Mahl in diesem Leben, daß sie es sah! Das letzte Mal daß sie
es umarmte. – Es war mir dem Morgen des nächsten Tages ganz unerwartet von Herr Mayor
mich weckte u. mir sagte, daß die Kleine bedeutend krank sey. Ich war so unvorbereitet wie möglich für
solchen Anblick wie er mir wurde indem ich das Kind in sehr heftigen Krämpfen fand, doch
meine l. Frau die noch so schwach u. zartfühlend war, wie durft ich anderes erwarten als daß
sie würde bey der geringsten Anzeige von der Gefahr erschüttert u. übernommen werden. Mit
Gebet u. einem sehr schwer beladenen Herzen kehrte ich zu ihr zurück u. suchte alle meine Kräfte
zusammenzunehmen um sie so gelinde als möglich zuzubereiten. So unerwartet mir dieser
Vorfall mit unserer Kleinen war, so unerwartet, ja über alle Erwartung war die sichtbare Stärkung
die Gott der Leidenden verlieh. Sie tröstete mich, u. ihr Christenglauben, u. Gottergebener Sinn
leuchtete mir so schnell in meine Augen, schien mir so klar als zu der Stunde. Ich wuste
oft in der That nicht ob ich den Verlust unseres geliebten Kindes beweinen oder mich dem Be-
sitz einer so theuren Frau freuen sollte, der mir noch ferner gegönt war. – Laß es Lieber!
sagte ich zu mir, laß es, Anna ist ja nicht verlohren für uns, wenn sie der Herr in den Himmel
nehmen sollte. Wer weiß warum der Herr sie zu sich nimmt! Denn alles was Er thut ist
ja doch doch gut u. es kann kein Haar von unserm Haupte fallen ohne durch Ihn u. s. w.
Doch indem sie so sprach, fühlte ihr Herz als Mutter, u. alle die zarten Gefühle erwachten
u. drangen auf sie los. – Das waren eine Stunden heißer Prüfung! Doch herab gesandt von der
Hand des meines mich zärtlich liebenden Gottes u. Heylandes Jesu Xsti! – Meine liebe Frau
war in der einen Kayüte u. ich in der Anderen, wo unsere Kleine auf dem Bette lag u. wo ich
sie nicht verließ, ausgenommen, wenn ich ein Hoffnungsgebendes u. Hoffnungnehmendes
Wort zu meiner Frau brachte. Oft hob ich meine Hände über den im Leiden kämpfen-
den Säugling zum Herrn empohr um Hülfe oder //um// Vergebung in Gottes heil. u. unerforschlichen
Willen herab zuschicken. Und wenn ich dies zum letzten male that, blickte sie, die glück-
liche! – mit einem so holdseligen, leidenfreyen ernsten Blick, welcher einem Engelsblick
glich, u. mir unvergeßlich in meine Thränen u. schloß ihr blaues Auge um es nie wieder
zu öfnen bis am großen Auferstehungs-Morgen. So entschlief unser Liebling! – u. wir
sahen mit sehnsuchtsvollem Blicke dem entschlafenem Geist nach. - -
Da der Kapitain gedachte wir würden in wenigen Tagen Land sehen müssen, so er-
laubte er uns auf unsere Bitte, den kleinen lieblichen Leichnahm zwey Tage im Sarge auf-
[zu]heben, obgleich es sehr warm war. Am 17ten. Juny sahen wir Land u. warfen am Abend unser[en]
Anker vor Columbo wo unsere Freunde Freunde für Ceylon bestimmt uns denselben Abend
verließen u. an‘s Land fuhren, u. wir dem nächsten Tag am 18ten. Juny die Ueberreste un-
seres geliebten Kindes durch einen unserer Freunde an‘s Land sandten, u. dort durch den
englischen Prediger Herrn Bisset anständig beerdigen ließen. Meine l. Frau war sehr
schwächlich daher getraute ich mich nicht sie zu verlaßen, doch am 23ten. fühlte sie sich beßer u.
ich ging ans Land u. besuchte unsere Freunde u. grüßte die dortigen Brüder am Werke des
Herrn. Wurde im Palanquin nach //den// Herrn Missionarien der Mety Methodisten Missions Gesellschaft
gebracht, wo wir zu Mittage aßen u. von den aus ich dem Herrn Pred. Palm besuchte. Am
nächsten Morgen kehrte ich zum Schiffe zurück. Den 1ten. July wanden wir unsern Anker
u. verließen Columbo u. segelten an der Küste der Insel Ceylon hin, erreichten in der
Pointe Galle u. nahmen den nächsten Tag unsern geraden Cours nach Madras. Wir
sahen Land am 6ten. des Abends u. nachdem wir //an// der Küste hinauf gesegelt waren ankerten
wir um 10 Uhr auf Rhede von Madras, nahmen ein Both welches uns ans Land
brachte. Bald sahen wir unsere Brüder am Werke des Herrn geme u. überbrachten ihnen
Grüße von unsern deutschen Freunden, u. freuten uns gemeinschaftlich mit unsern Brüdern
Herr Rhenius, Deocar u. Bernhard Schmid. Und nun sende ich von hier aus viele
tausend Seegenswünsche zurück zu meinem geliebten Vaterlande u. mit brüderlich
liebenden Herzen fordere ich alle nahen Christen in Deutschland auf einen warmen
Antheil zu nehmen an dem Werke des Herrn unter den Heiden; u. besonders mit
vereintem Gebete den Seegen auf jede unsere Bemühung herab zuflehen!
Ich will schließen mit den Worten des alten würdigen Comenius: „Ein Hüttchen
wie Gott es giebt soll mein Pallast seyn, kann ich kein eignes haben wo ich mein Haupt
hinlege, so will ich nach dem Vorbilde meines Herrn zufrieden unter fremden Dache ruhen;
oder auch unter dem Dache des Himmels, wie er einige der letzten Nächte, auf dem Oehlberge;
bis die Engel mich in ihrer Gesellschaft aufnehmen. Statt eines köstlichen Kleides (mag) soll
mir auch ein rauhes Gewand genügen. Die Stelle des reich besetzten Tisches soll Brodt
u. Wasser vertreten kommt noch ein kleines Gemüse hinzu so will ich Gottes Güte dafür
loben. Meine Bibliothek enthält nichts“ vergnüglicheres als Gottes Buch. Meine Philoso-
phie soll seyn, daß ich mit David den Himmel u. die übrigen Werke Gottes betrachte. –“1
 
Mit innigen Wünschen für Ihr werthes u. schätzbares Wohlergehen erfüllt
empfehle ich mich u. meine Brüder Ihrem gütigen Andenken u. verharre mit
wahrer Hochachtung
Ihr
ergebener

  1. Comenius, Johann Amos: Das Einige Nothwendige. Nemlich Wissen, was dem Menschen im Leben, im Tode, und nach dem Tode nothwendig sey. Zehntes Kapitel, § 9.