Rezeptsammlung »Collectanea et Inventa Alchymica. Consecrata Studiis et Laboribus Samuelis Richteri« und »Collectanea et Inventa Medica. Consecrata Studiis et Praxi medicae Samuelis Richteri.«
Die in Leder gebundene Handschrift aus dem Jahr 1712 enthält etwa 180 Rezepturen, welche durch Samuel Richter (geb. Ende des 17. Jahrhunderts, gest. nach dem 23.4.1723) teils selbst erarbeitet, teils gesammelt wurden.
Die Rezeptsammlung ist in zwei Teile gegliedert: Der erste Abschnitt ist mit »Collectanea et Inventa Alchymica« überschrieben und beinhaltet alchemische Rezepturen, v. a. zur Herstellung und dem Wesen des Steins der Weisen und weiteren Prozessen der metallurgischen Alchemie. In diesem Teil befinden sich ebenfalls 26 »Oeconomische Stücke«, also Rezepturen für verschiedene Gebiete des alltäglichen Lebens wie Farbstoffe, Düngemittel oder Reinigungsmittel. Der zweite Bereich der Handschrift enthält 94 alchemische Arzneirezepturen.
Die Handschrift wurde fast durchgängig von einer Person aufgeschrieben. Lediglich auf drei Seiten ist im Textverlauf ein anderes Schriftbild erkennbar (Digitalisat 178–180). Die Quelle gibt keine Information dazu, wer ihre Schreiber bzw. Schreiberinnen waren. Die Überschriften der beiden enthaltenen Teile weisen Samuel Richter lediglich als Erfinder bzw. Sammler der enthaltenen Rezepturen aus. Auf dem vorderen Vorsatz findet sich zudem der Eintrag »Jacob Ulrich in Büdingen« ohne Ergänzung dazu, welche Rolle dieser in Bezug auf die Rezeptsammlung spielte. Desweiteren befinden sich auf der Innenseite des hinteren Umschlags Literaturhinweise und Namen mit Adressen von fremder Hand.
Samuel Richter (Pseudonym: Sincerus Renatus) war ein Theoretiker und Praktiker der Alchemie sowie Hermetiker, welcher um 1700 wirkte. Vor allem mit seiner Schrift Theo-Philosophia Theoretico-Practica (1710), die bis zum Ende des 18. Jahrhunderts große Verbreitung erfuhr, trat Richter innerhalb des Hermetik-Diskurses um 1700 deutlich hervor. In diesem Werk verband er Theosophie und Mystik mit Alchemie und Medizin. Er spielte für das Wiederaufleben des Rosenkreuzermythos im 18. Jahrhundert und damit für die Geschichte der Hermetik im deutschsprachigen Raum eine entscheidende Rolle. Handschriftliche Quellen, die sich auf das Leben und Wirken Richters beziehen, sind äußerst selten.
Die im Archiv der Franckeschen Stiftungen überlieferte umfangreiche Rezeptsammlung befand sich über 100 Jahre im Besitz der Familie Madai bzw. seit 1851 der Familie Hornemann. David Samuel von Madai war von 1739 bis 1780 Leiter der Medikamenten-Expedition, sein Sohn Carl August von Madai von 1780 bis 1816 und sein Enkel Carl Wilhelm Samuel von Madai von 1816 bis 1851. Es ist möglich, dass die Handschrift bereits durch den zweiten Leiter der Medikamenten-Expedition (von 1711 bis 1739) Christian Sigismund Richter genutzt wurde und sie durch ihn an David Samuel von Madai gelangte, der nicht nur sein Nachfolger, sondern auch sein Schwiegersohn war. Georg Ludwig Hornemann übernahm 1851 die Leitung der Medikamenten-Expedition und sein Sohn Hugo Hornemann 1863.
Claudia Weiß und Dr. Claudia Brandt
Literatur:
Claus Priesner: Alchemie und Vernunft. Die rosenkreuzerische und hermetische Bewegung in der Zeit der Spätaufklärung. In: Aufklärung und Esoterik. Hrsg. v. Monika Neugebauer-Wölk unter Mitarb. v. Holger Zaunstöck. Hamburg 1999 (Studien zum achtzehnten Jahrhundert 24), 305–334, hier 308–310.
Claus Priesner: Geschichte der Alchemie. München 2011, 82ff.
Hans-Joachim Poeckern,: Die Hallischen Waisenhaus-Arzeneyen. Kommentar, Glossar und Transkription. Leipzig 1984, 35–38.
Rolf Christian Zimmermann: Das Weltbild des jungen Goethe. Studien zur hermetischen Tradition des deutschen 18. Jahrhunderts. Bd. 1: Elemente und Fundamente. München 22002, 105–124, 158ff.
300 Jahre Waisenhaus-Apotheke und Medikamenten-Expedition der Franckeschen Stiftungen zu Halle 19.9.1698–19.9.1998. Hrsg. v. der Waisenhaus-Apotheke Halle (Christel Friederich). Halle 1998, 25.
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