2. Was meine Eltern anbelangt: ob Sie Gottsfürchtig oder Gottlos
gewesen sind, habe ich nun oft reifl. erwogen: so viel mir von
ihnen bewust, sind sie alle beyde gottesfürchtig gewesen, das
Zeugniß kan ich ihnen wohl geben, daß Sie mir kein bös Exem-
pel gegeben haben. Ich meyne böse Wege von ihnen nicht ge-
lernet habe, sondern mir von ihnen viel gutes einfält, wenn ich
mich recht bedencke; Sie hätten mich nicht verführet, wenn ich ihnen
nur gefolget hätte; aber das mus ich bedauren, daß ich ihnen
die schuldige Pflicht des Gehorsam nicht geleistet habe; Gott wolle
mir auch diese Sünde aus Gnade verzeihen. Den Vater habe ich zeitig
verlohren verlohren Er ist ein Berg-Knapp gewesen, ein alter heiml[ich]er
Lutheraner im Babsthumb, ein belesener Mann, bey andern desgl[eich]en
sehr angenehm. Was die Mutter anlangt, kan ich zeigen, daß sie Gott
recht in der That gefürchtet habe: das denckwürdigste weis
ich von ihr, wie sie so kindl. u. hertzl. gebethet hat in Saltzburg
das letzte Jahr, und hier in Preußen den Herbst, da Sie gestorben
ist. In Sommers Zeiten ist Sie alle Abend, unter den heiteren Himmel
gekniet, und hat Thränen und erhobener Stimme gebethet: Ich zwei-
fle nicht, Sie ist dem Lieben Gott sehr angenehm gewesen, und Sie
auch mir mit ihren heißen Thränen bey dem Lieben Gott Gnade ausgebethen
es ist auch das Denckwürdig, als die Mutter zu Letzte in der
Todt-Kranckheit darnieder Lag, und Sie denn vor Schwachheit