Holung oder Suchung eines verirrten und verlohrnen Schaafes. O! so fer-
ne der allwißende Gott siehet, daß sich der verirrte Sünder sich
bekehren will, und sich will finden laßen, folgte mir mit Seiner
erbarmenden Liebe nach, Bis auf eine andre Zeit: neml. ins 1734.
Jahr: da griff er mich widerum aufs neue an, und tieb mich
in die Enge, da er mich fangen wolte. Was es da vor eine Gelegen-
heit hierzu gab, kan ich mich nicht recht besinnen.
9. Wie wunderlich und weislich es sich damals ereignet hat,
kan ich mich, wenn ich es fleißig erwege, nicht genugsam ver-
wundern, auch nicht sagen, noch beschreiben. Unter andern verhielt es
sich so, denn ich war zu einigen Sünden von Jugend auf sehr ge-
neigt, ich suchte auch damals Gelegenheit sie aus zu üben, doch schlug
mir mein Herz immer darüber, und es entstund eine innerl[ich]e Furcht
darüber in meinem Hertz. Gott aber, der an der Sünde einen solchen
Abscheu und Gräuel hat, vermachte mir dazu alle Gelegenheit, u.
verstopfte mir alle Licken, daß ich zu der thätl[ich]en Ausübung nicht
gelangen konte, ich habe noch zu der Zeit niemals in die Kirche kommen.
Gottes Wort habe ich zwar gelesen, habe auch dazu eine Neigung gehabt,
aber es ist mir gantz dunckel gewesen, u. habe mich darinnen nicht recht finden
können. Zu derselben Zeit kam ich etl[ich]e mal in die Kirche, hörte etl[ich]e sehr nach-
drückl[ich]e Predigten, es trieb mich auch, daß ich zu Haus das Wort Gottes beßer
untersuchte, dann fiel nur des Wort Gottes nicht auf, sondern ins Hertz
hinein, da wurde es mir zu Geist und zu Leben in meinem Hertzen und in der
Selen. Da fand ich darinnen eine mächtige Kraft: Es gieng mir darinnen
ein rechtes Licht auf, das erleuchtete meinen Verstand und mein dun-