mein Vater, und hauchte mir die väterlichen Warnungen ein. Oft sagte er zu mir: Augustin! Augustin!
Du wirst in viel Versuchungen kommen: bete! – Den 25ten Mai 1804 wurde ich als Alumnus
in Pforte aufgenommen. Nun war ich pötzlich in einer andern Lage, mitten unter fremden Menschen,
umringt von vielen Verführungen. Hier kamen mir nun jene frommen Gesinnungen, die man
mir in meiner Kindheit eingeflößt hatte, recht von statten: ich betete, und las fleißig in der Bibel. Un-
möglich, kann ich alles erwähnen, was der Herr damals an mir that. Nur etwas will ich anführen:
Ich hatte einmal recht heftige Kopfschmerzen, und da gerade in Pforte ein Fieber grassirte, so glaubte
ich, es würde mich auch ergreifen. Was hatte ich zu thun? Ich ging auf den Schlafsaal, fiel auf meine
Knie und betete recht herzlich. Als ich aus gebetet hatte, waren die Kopfschmerzen völlig weg. Wer
sich aber lässet dünken, daß er sehe, der sehe wohl zu, daß er nicht falle. So ging es auch mir. Ich
wachte manchmal nicht gehörig über mich, und so machte ich manchmal dumme Streiche. Jedoch war ich
immer //so// glücklich, daß ich noch mit so davon kam; aber einst wurde ich doch endlich attraphirt, welches aber auch
zu meinem besten diente. Ich muß diesen sonderbaren Vorfall etwas ausführlich erzählen. Meine Gut-
müthigkeit hatte mich verleitet, andern Schülern zu Gefallen gesetzwidrige Handlungen vorzunehmen.
Ich unterstützte sie besonders mit meinen Arbeiten u. s. w. kurz, es wurde durch die Cabale und den Neid andrer
entdeckt, und da noch manches andre dazukam, so kam ich vor den Synodo; erhielt einen äußerst derben
Verweis, mit der Ankündigung, daß meine Sache nach Dresden berichtet werden sollte; unterdeßen
bekam ich fürs Hausarrest. Nun gerieth ich in Verzweiflung. Es war meine Gutmüthigkeit, die mich so weit gebracht
hatte. Ich erhielt auch gleich nach diesen Vorfall einen Brief, worinnen mir gemeldet wurde, daß mein Vater
äußerst krank sey, und mich noch einmal zu sehen verlange. Jedoch dies ging in meiner jetzigen Lage nicht an,
und ich mußte befürchten, daß wenn mein Vater von meinen Streichen etwas erführe, er den Tod davon
tragen könnte. Kurz ich befand mich in einer furchtbaren Lage. Aus Verzweiflung nahm ich die Charte her,
suchte mir den Weg nach England aus: fest entschloßen, davonzulaufen und meine Strafe nicht abzuwarten.
Ich hätte es gewiß gethan, wenn sich nicht die Sachen bald geändert hätten. Dies geschah nun auf folgende Art.
Der furchtbare Zustand, in dem ich mich befand, trieb mich an, mich vor Gott zu demüthigen: ich ging in die Einsam-
keit, fiel auf meine Knie, und bat den Herrn auf das Inbrünstigste, meinen Fehler zu verzeihen, die Sache
zum besten zu lenken; ich gelobte ihm: daß, wenn er mich aus meiner großen Verlegenheit riße, mein ganzes
Leben zu seiner Ehre bestimmt sey. Was geschah? Wir hatten an einem Morgen bey dem Herrn Mathematicus
Schmidt Moral. Nun traf es sich gerade, daß er von der Bekehrung des Augustins sprach. Er trug es mit
einer so eindrücklichen Sprache vor, und legte uns diese merkwürdige Geschichte so ans Herz, daß mein ganzes
innerstes gewaltiglich erschüttert wurde, und ich einsah, daß ein ganz andrer Mensch aus mich werden müßte.
Voll von ganz eigner Gefühle, ging ich so wie die Stunde aus war, an einen besondern Ort, und bat den Herrn mit
der größten Inbrunst, er sollte doch das Herz der Lehrer lenken damit sie mir vergeben möchten. Ich setzte
mich hierauf hin, und schrieb einen Brief an sämtliche Lehrer worinne ich ihnen die sonderbare Erschütterung
meines Herzens meldete, und äußerte, daß der Gott, der die Herzen der Menschen wie Wasserbäche lenken könnte
auch ihr Herz mir wieder geneigt machen würde. Der Glaube hilft. Dieser Brief machte größten Eindruck auf
meine Lehrer. Sie vergaben mir, es wurde nicht nach Dresden berichtet, mein Vater erfuhr auch nichts davon,
ja man gab mir die Erlaubniß, auf einige Zeit nach Hause reisen zu dürfen; und ich kam mit einer leichten
Strafe davon. Dies alles geschah binnen 8 Tagen. An //dem// einen Sonnabend war ich in der größten Verzweif[lung]
und an dem andern genoß ich die größte Freude. Wie selig ich damals war, kann ich nicht genug beschreiben;
die ganze Natur hatte gleichsam eine tröstlichere Gestalt angenommen, wo ich war, so fühlte ich, daß
Gott mir gnädig sey. Gewißlich hatte dies der Herr gewirkt.] Den frommen Ermahnungen
und Lehren des dasigen Mathematici, M. Schmidt, hatte ich die ganze Zeit über, ausserordentlich
viel zu verdanken. Mit der größten Ehrfurcht sah ich auf diesen Lehrer der durch seine Lehren und durch
sein Beispiel im Stillen so viel Gutes wirkte. Mit vieler Rührung denke ich auch noch der friedlichen
Abendstunde, wo ich von dem würdigen Diacono Gernhard confirmirt wurde. Viel Einfluß hatte auch
auf mich die fleißige Lectüre einiger brittischen Classiker. Der religiöse Geist der in Youngs Nacht-
gedanken: und mehrern andern Schriftstellern weht, that mir innig wohl, und brachte mir eine süße
und angenehme Schwermuth bey. Beyläufig muß ich sagen, daß ich für die Engl. Litteratur den größten
Enthusiasmus hatte. Meine Neigung zur Mission bekam in Pforte immer mehr Nahrung.
Wenn wie unsern Gottesdienst hielten, so dachte ich oft: wie schön muß es doch seyn, wenn man
wilde Völker so weit gebracht hat, daß sie ihren Herrn ebenso fröhlich loben und danken können.