daß man von allen ihren öffentl. Predigten kei-
ne Beßerung unter ihren Zuhörern gewahr
würde. Hieraus nahm ich mir die Lehre, hinfort
desto sorgfältiger alle Gelegenheit wahrzuneh-
men, nicht weniger in der priuat-Conversation als
auff der Cantzel u. Catheder die Erbauung
meines Nechsten zu suchen, u. mich nicht anders in
dem besonderen Umgang als in dem öffentl. Vor-
trage finden zu laßen. Gott würcke solches in
mir um seiner ewigen Liebe u. Barmhertzigk.
willen. Amen. An einem andern Orte hörte ich
einen Prediger mit sehr großem Ernst und
Eifer predigen, so daß ich davon große Erbau-
ung unter der sehr volckreichen Gemeinde hät-
te hoffen mögen. Ich nahm aber war, daß er
in der gantzen Predigt, so offt er die Liebe des
zeitl. u. irdischen Wesens straffte, es auff diese
oder dergl. Weise thate. Man soll nicht allzu sehr
nach Reichth. streben, die Zeitl. Güter nicht allzu lieb
haben. Hiebey gedachte ich, daß die Zuhörer un-
mögl. einen andern Schluß machen können,
als das es gleichwol nicht unrecht sey, gern reich
werden wollen, u. das irdische lieb haben wenn
mans nur nicht allzu arg machen: Welches denn
keiner von sich gesaget wißen will. Daher
die gründl. Verleugnung darauf Christus
dringet, bey ihnen nicht einmal in Consideration
kommet, geschweige das sie von Hertzen gesuchet
werden solte.
 
[Diese Reiseberichtseite befindet sich im Besitz der Staatsbibliothek Berlin
(Signatur: Nachl. August Hermann Francke 28/3,3, Blatt 9)].