Zu Herr D. Oleario habe ich den Muth gar sehr sincken lassen.
Gott gebe, daß er sich ändere. Herrn von Schweinitz bitte mei-
nes hertzlichen Gebets für Ihn und sein gantzes hauß vor seine
große Treue und hulde gegen mich zu versichern. Der Herr laße
Ihn große barmhertzigkeit finden an jenem Tage. Sehe auch
gerne, wenn dergleichen an Herrn HoffCammerr[ath] Krauten ge-
schehen könte. Die Predigt ist nun gedruckt, und kommet hie-
bey doch ohne dedication an die Gemeine, welche auff einem
bogen a part mit dem titul noch zu drucken übrig. Der
buchdrucker hat nun die predigt selbst solicitiret, und ver-
sichert, daß der Cantzler ihm ausdrücklich gesaget, was
die Professores drucken lassen, dürffe er nicht censiren lassen,
daß ers also wohl verantworten könne, hats also auch
auff sich genommen. Zweiffele sonst nicht man würde mir
gerne etwas in den weg geworffen haben, und mir doch
an der Eile viel gelegen gewesen. Wegen meines auff-
satzes von Gnade und warheit wäre mir sonderlich lieb
wenn mir dero Meynung worinnen die warheit eigentlich bestehe
oder was es eigentlich sey deutlicher exprimiret würde. Ich weiß
noch nicht ob ichs besser treffen kann. Sehe sonst wohl die Sache
nun etwas ordentlicher und klärer ein, und bin willens auff
anhalten guter Freunde, es drucken zu lassen, wenn ichs beßer
ausgearbeitet. Von Herrn D. Bilefelden habe mich erfreuet etwas
zu hören. Bey der Fürstl. Taffel zu Merseburg sol erzehlet
seyn als gewiß, daß seine Liebste nach 18 wochen ihres Ehe-
standes ein Kind bekommen, quod, si falsum, literis ejus optime
posset refelli. Ich habe heute zugegeben, daß Maximil[ian] mit
seinem Herrn Laurentio nach Merseburg gereiset, welche ver-
änderung der lufft ihm dienlich erachtet. Den bogen habe Ihm
gegeben, so bald den brieff heute bekommen. Der Gnade
des Herrn Jesu empfholen verharre
Glauche an Halle d. 19. Jul. 1692.
Meines theuresten Vaters
Gehorsamer Sohn
M. Aug. Hermann Francke.
 

Abgedruckt in: Spener, Philipp Jakob: Briefwechsel mit August Hermann Francke (1689-1704). Hg. v. Johannes Wallmann u. Udo Sträter in Zusammenarbeit mit Veronika Albrecht Birkner. Tübingen 2006, S. 132-137.