ewigen Verderben errettet werden. Des köpffen, Hengens, räderns,
verweisens und außstreichens würde es wenig bedürffen; ja ein
größer Theil der höchst nöthigen reformation, so viel das äußere
verderbte Wesen betrifft, würde damit gehoben, wenn man alles,
wie es wol müglich ist, in die Ordnung brächte, daß den armen
an Leib und Seel wol gerathen, den müssiggängern aber das bet-
teln gewehret, und ihre Arbeit angewiesen würde. Es hat hier
die Moritz-Kirche etliche tausend thaler zu einem Thurm
verbauet, der der Stadt nichts nutz ist, unter dem einigen prae-
text, wenn die Kirche anbrennet, daß sie vom Thurm dieselbe
leschen können. Die Marien Kirche hat, dem verlaut nach,
30000 Reichsthaler capitalia, die Ulrichs=Kirche 11000. Was könte
davon nicht vor Anstalt für die armen gemachet werden.
Die steinern Häuser läst man reich werden, und die Tempel
Gottes läst man verderben. Denen durchs Land streichenden
Bettlern wird jährlich dreißig bis 40 Reichsthaler an unserer, sonst
eben nicht reichen Kirche, gegeben. Wenn wir aber arme Wai-
sen und Wittwen in der Gemeine haben, da sorget nie-
mand, daß ihnen von dem Vorrath der Kirche beygesprungen
werde. Doch siehet man vor Augen, daß es kaum bey einem un-
ter zwanzigen bey den Landstreichern recht angewendet sey.
In Halle ist einige Anstalt gemachet, aber nur daß man
der armen loß werde, nicht daß die Armen auch recht ver-
sorget werden. Wenn einem der nicht arbeiten kan wöchentlich
etwa 2 Groschen gegeben werden, und ihm das betteln vor den
Thüren gewehret wird, wie wil er davon leben? In summa
//es// gehet alles confus durcheinander, und wo es Ordnung heißen
sol, da wird es noch schlimmer gemachet. Wenn nun solche Män-
ner, die nicht ihr eigenes darunter suchen, Sorge in diesem Stück
für das gantze Land trügen, so würde ja verhoffentlich eine große
Beßerung geschehen. Ich habe dieses also in Einfalt schreiben
wollen, ob es etwa Gott gefallen möchte, es in einigem Wege
gelingen zu lassen, wie ich mich denn zu demselben alles versehen
darff, womit der Gnade Gottes erlassend verharre Meines Hochwehrtesten
verweisens und außstreichens würde es wenig bedürffen; ja ein
größer Theil der höchst nöthigen reformation, so viel das äußere
verderbte Wesen betrifft, würde damit gehoben, wenn man alles,
wie es wol müglich ist, in die Ordnung brächte, daß den armen
an Leib und Seel wol gerathen, den müssiggängern aber das bet-
teln gewehret, und ihre Arbeit angewiesen würde. Es hat hier
die Moritz-Kirche etliche tausend thaler zu einem Thurm
verbauet, der der Stadt nichts nutz ist, unter dem einigen prae-
text, wenn die Kirche anbrennet, daß sie vom Thurm dieselbe
leschen können. Die Marien Kirche hat, dem verlaut nach,
30000 Reichsthaler capitalia, die Ulrichs=Kirche 11000. Was könte
davon nicht vor Anstalt für die armen gemachet werden.
Die steinern Häuser läst man reich werden, und die Tempel
Gottes läst man verderben. Denen durchs Land streichenden
Bettlern wird jährlich dreißig bis 40 Reichsthaler an unserer, sonst
eben nicht reichen Kirche, gegeben. Wenn wir aber arme Wai-
sen und Wittwen in der Gemeine haben, da sorget nie-
mand, daß ihnen von dem Vorrath der Kirche beygesprungen
werde. Doch siehet man vor Augen, daß es kaum bey einem un-
ter zwanzigen bey den Landstreichern recht angewendet sey.
In Halle ist einige Anstalt gemachet, aber nur daß man
der armen loß werde, nicht daß die Armen auch recht ver-
sorget werden. Wenn einem der nicht arbeiten kan wöchentlich
etwa 2 Groschen gegeben werden, und ihm das betteln vor den
Thüren gewehret wird, wie wil er davon leben? In summa
//es// gehet alles confus durcheinander, und wo es Ordnung heißen
sol, da wird es noch schlimmer gemachet. Wenn nun solche Män-
ner, die nicht ihr eigenes darunter suchen, Sorge in diesem Stück
für das gantze Land trügen, so würde ja verhoffentlich eine große
Beßerung geschehen. Ich habe dieses also in Einfalt schreiben
wollen, ob es etwa Gott gefallen möchte, es in einigem Wege
gelingen zu lassen, wie ich mich denn zu demselben alles versehen
darff, womit der Gnade Gottes erlassend verharre Meines Hochwehrtesten
Herrn Gevatters Gebetschuld[igster]
A. H. Francke mppria.
Abgedruckt in: Spener, Philipp Jakob: Briefwechsel mit August Hermann Francke (1689-1704). Hg. v. Johannes Wallmann u. Udo Sträter in Zusammenarbeit mit Veronika Albrecht Birkner. Tübingen 2006, S. 465-467.