Erffurt 1691. Septemb. 18.
 
So nun dieses an mir also auch erfüllet wird, so leide ich zwar
gern umb Christi und seiner Warheit willen, aber welche Ver-
antwortung wird man für meinem Herrn Christo deswegen
auf sich laden? Wollen dann nun Meine Hochgeehrten Herren auf Ihre
Seele und auf Ihr gewißen nehmen mich wider alle Göttl.
Menschl. und Natürl. Rechte, und welches man auch bey hiesigen
Löbl. Stadtgerichten den größesten Übelthätern nicht zu ver-
sagen pfleget, unverhörten Sachen zu verurtheilen und mei-
nes öffentlichen Lehr Ambts, welches Gott selbst sonderlich Ehret,
mich zuentsezzen? Getrauen sie sich die thränen und
Seuffzer meiner Zuhörer und so gar vieler in der Stadt, die
meiner unschuld zur gnüge überzeuget sind mit auf Ihr
todten bette zunehmen? Gesezt, daß ich der aller schuldigste
were, so wäre es dennoch weder vor Gott, noch vor menschen
absonderlich aber vor dem gestrengen Richterstuhl Jesu Christi
zuverantworten, daß man Einen nicht hören noch zu seiner
Verantwortung irgend was bey bringen laßen will,
weil ja Ein solch Urtheil, da der andere nicht gehöret ist, nicht an-
ders alß mit zweiffelhafften gewißen, ob man auch der sachen
zu viel thäte? Könte gefället werden, da ich mich denn dazu
unschuldig weiß, und sehe, daß man über mich ein Urtheil sprechen
will, welches ich keines weges verschuldet habe, wie kan ich
an-
ders gedencken, alß daß dadurch der Gerechte Gott zu Einem
schweren Gerichte werde erwecket werden, An meinem
Orte werde ich das ambt, welches mir Gott anvertrauet hat,
nach Willen meines Gottes gar gerne wieder hinlegen, alß
der ich darinnen traun nicht das Meinige, sondern das
was meines Gottes ist, aufrichtig gesuchet. Aber Gewißen-
halber bitte ich nochmahls Meine Hochgeehrten Herren ganz inständigst, mein demüti-
ges ansuchen nicht in den Wind zuschlagen, sondern Ihrer Eige-
nen Gewißen zuverschonen, und mich zu meiner recht-
mäßigen defension zu laßen, damit weder in dieser Zeit, wenn
der ganze proceß, wie mit mir verfahren worden, aller
Weld solte offenbahr werden, Ihr guter Nachruhm ge-