meistentheils habe ich Kinder zu ihrer Ruhestätte zu begleiten von welchen ich die Hoffnung habe, daß
sie selig und wohl aufgehoben sind. Aber in Absicht der Erwachsenen bin ich in groser Besorgnis
ich konnte bey manchen Leuten zu keiner innern Uberzeugung kommen, daß ihnen Barmher-
tzigkeit widerfahren wäre, in gesunden Tagen wollen die Leute sich nicht rathen lassen, wenn
sie krank werden dann lassen sie mich ruffen mit ihnen zu bethen. Ich weise die Leute auf
Jesum auf sein bitteres Leiden und Sterben und die dadurch gestiftete ewige Erlösung, und
muß die Tiefen des menschlichen Verderbens, das man ja erkennen lernen muß, wenn man
Antheil an den Wohltaten der Erlösung Jesu nehmen will. Sie halten es vor unmöglich aus den
Hertzen zu bethen, manche spotten auch wohl gar drüber wie den würkliche seit meinen Hiersein un-
ter den EbenEzerischen Volk solche böse Leute waren die SeelenNoth vor melancholisches Wesen aus-
schrien. Wer in Angst und Noth kommt, wird durch denHeiligen Geist angetrieben aus dem Hertzen
zu ruffen und Jesum um Barmhertzigkeit anzuschreyen. Das kann uns freylich kein Mensch
lernen.   Bei der jetzigen Freyheit lernt man die Menschen besser kennen, als [man] sie
kennen lernen konnte in den Zeiten meiner Vorfahren, da wurden sie durch weltliche Macht
gezwungen sich der Ordnung zu unterwerffen. Wer jetzt redlich ist, ist es wohl von Hertzens-
grunde und solche werden auch zur Seligkeit durch diese jammervolle Welt hindurch gebracht
werden. Herrn Probst gehe es wohl, nach Amerika schickte er sich nicht. Hier muß man Geduld üben
lernen, und durch vielen Kampf durchgehen und dabey stille seyn lernen und auf die Güte
des HErrn glaubend hoffen. Plane kann man nicht ausführen wie man will, man muß auf den HErrn
sehen so bekommt man neue Kraft. Ich denke doch noch besser von ihn als von den Triebner, solche Din-
ge würde er sich nicht erlaubt haben. Mit Falschheit haben mich freylich Beide hintergangen, daß
man also nicht trauen darf. Die Nothwendigkeit erforderte es mich hier zu verheyrathen,
ich hatte mir wohl vorgesetzt ledig zu bleiben. Da es aber der HErr so gefügt hat, so darf es
mich nicht gereuen. Mein erstes Kind welches ein Sohn war der viel versprach gieng 93 im 11.
August heim, er ward plötzlich krank und starb nach einer treytägigen Krankheit, er erreichte 2
Jahr 9 Monath und 10 Tage. Den Tag vor seinen Heimgange sagte er mir lächend, ich sollte vor ihn
bethen. Jetzt habe ich noch 1 Sohn und 1 Tochter. Meine //l[iebe]// Frau war manchmahl ihrem Ende sehr nahe, sie ist
von stillen sanften Temperament fleißig und im Hauswesen sehr geschickt und dem Geitz [frem]d.
Doch hat sich ein Theil von Triebners PartheyWeibern schändlich gegen sie verhalten. In Deutsch-
land kann man sich ohnmöglich in die hiesige Lage denken, aber die Redlichkeit rechtschaffener Seelen in
Deutschland ist mir theurer als die Zweyzüngigkeit der amerikanischen Sectirer. Den jungen Herrn Degmey-
er bitte ich freundlich zu grüßen und mich dessen Herrn Vater zu empfehlen. Die gottselige Frau Senior
Degmeyer und die redliche alte Consulent Räthen Tauber werden wohl heimgegangen seyn. Ein red-
licher Mahler Kauffer //er war// ein theurer lieber hertzlicher Mann ist auch heimgegangen wie ich von Bruder Kies-
ling in Nürnberg vernommen habe. Da ich noch entkräftet bin, aber im Geist erfreut, so werden Sie mein
Schreiben entschuldigen und das Mangelhafte verbessern. Ich bitte mich dem Herrn Dr. Schultze zur Für-
bitte zu empfehlen, und danke den lieben Bruder von Hertzen für alle Liebe und Mühe die Sie
meinet und EbenEzers wegen übernommen haben. Der treue Heiland schreibe es Ihnen, Ihrer theuren
Frau Gemahlin Söhnen und Töchtern zum ewigen Segen an, da ich es Ihnen nicht vergelten kann.
Ich bin immerdar bis ans Ende meines Lebens mit Hochachtung und aufrichtiger Liebe
Ihr
in Christo ergebener
Johann Ernst Bergmann.