P.S. Es ist uns eingefallen, daß es Euer HochEhrwürden vielleicht nicht unan-
genehm seyn werde, wenn wir das Tractament der Saltzburger kurtz zusammen
faßten, und die noch leere Seite des Briefes damit erfüllten.
Wir können zusammen nicht eher des Morgens aufstehen als nach 8 Uhr, weil
der Capitain kein Licht hergiebt, und die Löcher des Schiffes, dadurch das Licht
fällt nicht eher eröffnet werden. So bald auf dem Herd Feuer gemacht
worden, so suchen einige Mütter für ihre unmündige schwache Kinder einen
Brey zuzubereiten, müssen aber auch dabey viel Ungemach erfahren, indem
ihnen der Capitain nicht allein nichts darzu giebt, sondern auch beym Kochen
hart anfährt, und unterweilen weggestossen hat. Nachdem es Tag wor-
den, wird Schiff-Brodt ausgetheilet; 5 Mann bekommen 4 Pfund, und
müssen sich damit den gantzen Tag behelfen. 3 Kinder werden für Eine
Person gerechnet. Als wir unter Weges an ein Holländisches Dorf an-
landeten, kauften sich die Saltzburger einen kleinen Vorrath von Brandt-
wein und andern zur Nahrung höchstnöthigen Dingen, davon geniessen
sie auf dem feuchten und ungesunden Schiffe etwas zum Frühstück.
Das Essen, so ihnen zu Mittage gereicht wird, bestehet tägl. aus Erbsen
und eingesaltzenem Rindfleisch, welches nicht nur in saltzigem See-
Wasser ausgewaschen, sondern auch gar damit gekocht wird. Daher es ü-
beraus zähe, saltzig und also sehr ungesund ist. 5 Personen be-
kommen 4 Pfund Fleisch und ein Schüsselchen unschmackhafte Erbsen. Zum Trin-
cken wird ihnen das schlechteste Bier, und zwar in geringer Quatität ge-
reichet: 5 Personen ohngefehr nach der Augspurger Maaß noch nicht andert-
halb Maaß. Zum Abend-Essen bekommen sie nichts, sondern sollen
sich mit dem harten Brodte, das ihnen morgens gereicht wird, begnü-
gen lassen. Bier bekommen sie abends sehr selten: auch wird ihnen an
dessen statt wenig genung Wasser gegeben, und müssen; wenn sie recht
flehentl. darum bitten, harte Worte hören. Wird einer kranck, (wie
schon geschehen,) so wird nichts bessers vor ihn zugerichtet, ja wird auch denen schwer
gemacht, die etwas für einen solchen zubereiten wollen. Den gantzen Abend hindurch
würden sie müssen im Finstern sitzen, und wir würden keine Betstunden mit ihnen halten können,
wenn sie sich nicht selbst Licht eingekauft hätten, der Capitain gibt ihnen nichts: und wenn
sie das Licht bis nach 8 Uhr brennend haben, so fährt er mit grossem Ungestüm auf sie los,
und löscht es ihnen entweder selbst aus, oder läßt es durch andere thun. So geht
es schon ietzt, was will künftig werden, wenn wir weiter auf die See kommen? Die Ur-
sache solcher Kargheit ist uns auch bekant. 1) ist der Schiffs-Capitain ein barbarischer und un-
barmhertziger Mann, der seinen Hund lieber hat als einen christl. Menschen. 2) hat er aus privat
Interesse das Schiff mit vielen schweren Sachen, als Mauersteine, Pulver et cetera beschweret, daher er we-
niger Provision an Essen und Trincken einnehmen kan. Weil der Medicus und wir dem Herrn Commisair
sehr angelegen, sich der armen Leute bey den Trustees mit Nachdruck anzunehmen; so hat er
sich endl. resolviret, an den Herrn Neumann einige Puncte von dem unverantwortl. Ver-
halten des Capit. zu berichten: ob er aber den Brief wirckl. wegschicken wird, steht dahin.