Hebräischen Codicem so und auf solche weise, wie es etwann in Halle der Herr Professor
Michaelis machet. Einigen andern aber gab ich lectionem in Syriacis. Denn ich habe die
Hebräische Bibel 5 mahl durchgelesen und mich Meditando lang bey einigen Capittuln sonderl.
in Jesaia aufgehalten. Wie ich sonsten an vorigen Orthe und in Landsberg an der Warthe
vielmahl auf erfordern, (denn ich habe nimmer darumb angehalten) Predigen müßen, so,
nahmen die hiesigen Herren Prediger es mit Danck an, daß ich ihre vices in Predigen sowohl des Sontags
alß sonsten vertretten wolte. Mit dem gelehrten Doct. Beckmann umbzugehen, war es
mir recht eine gefundene Sache, auch habe den Herrn Doc. Strymesium unter andern gehöret.
Sonsten aber habe inzwischen Italienisch, Spanisch, Holländisch und etwas Englisch gelernet.
Ich kam nach Franckfurth 1716 den 1. Januarii und reisete wieder forth den 28. Martii
1718. Mir wurden unterschiedliche Vorschläge gethan in Franckfurth zu bleiben, allein ich
nahm nichts an, sogar daß der Herr von Bonjour abermahl auf mich ungehalten worden, wel-
ches Er in seinem letzten Briefe, denn ich in Franckfurth einen Tag vor meiner Abreise
noch Empfing, genug zu verstehen gab: denn er schrieb in Schertz diesen höfflichen Verweiß:
ich würde wohl nach Indien noch gehen wollen, ich möchte 2 von seinen nahen anverwandten
grüßen, wann ich sie antreffen würde. Denn die Leuthe, die nicht im Vaterlande gutes thun
wolten lieffen alle nach Indien. Weil Er doch allezeithen ein guter Freund gewesen, so hielt ihm
das zu gute. Allein das muß ich noch hier von meiner Lust nach Indien zugehen melden.
Ich hatte schon vor diesem eine Geneigtheit bekommen, alß ich noch in Landsberg war.
In Halle Ao 1712. war ich etliche mahl auf dem Wege zu dem Herrn Profess. Francken zu gehen,
in willens, mich anzumelden, daß ich gern wolte, wenns Gottes gnädiger Wille währe, mich nach
Indien schicken zu laßen, allein wann ich nahe ans Hauß kam, dachte ich, waß du ietzo thun wilt,
damit wird deine Mutter nimmer zufrieden seyn, und so ward mein Gemüthe geschlagen,
daß ich wieder unverrichteter Sache umbkehrete. Alß aber meine Mutter gestorben war
da ich eine weile in Franckfurth gewesen, so schrieb ich gleich an den Herrn Professor Francken, daß
ich willens währe nach Indien zugehen, wenns Gottes wille währe, Er möchte mir doch seine
Meinung kundthun. Mit der ersten Post bekam ich Antwortt von Ihm, des jnnhalts, wegen
des puncts nach Indien mich zu senden, da könte Er mir vor der Hand weder rathen noch helffen
ich möchte nur bleiben, wo ich währe und darinn treue beweisen, was mir Gott bereits anbefohlen
hatte. Diese Antwortt benahm mir gäntzlich alle Absicht und Gedancken, jemahls nach
Indien zu gehen. Von Franckfurth reisete ich nach Berlin, allein obschon einer und der
ander von guten Freunden //mich// bey sich behalten wolten, so war doch das beste welches ich ietzo
erwehlen konte dieses, daß ich wieder nach Halle gehen möchte. Von Franckfurt aus bis
Halle war meine Meditation diese: Der Herr ist nahe allen denen, die ihn anruffen,
allen denen die Ihn mit Ernst anruffen. Er thut waß die Gottsfürchtigen begehren, höret
ihr schreyen und hilffet ihnen. Diesen Spruch lernete ich ietzo aus der Erfahrung recht
Verstehen, jtem ich will dich mit meinen Augen leiten. Ey gedachte ich, wann das wahr ist,
so werde ich nicht im Finstern wandeln. Und ob ich gleich mit meinem verfinsterten Vernunffts-
Auge nicht 4 Meilen voraus [... nach seinen
Wortt, auch fiehl mir ... Er ... uste] nicht
wohin. Das sagte mir mein Hertze auch, da ich aus Franckfurt forthreiset, dann in wahrheit ich
wuste nicht, wo ich hinging, nehmblich wo mir Gott hinführen würde. Allein ich verließ mich darauf daß es
Gott wüßte, dann gedachte ich was währe es von nöthen, daß ich als kleines einfältiges Kind wißen solte. So bald
alß ich in Halle angekommen war, welches den 10ten April 1718 geschahe, bothe mir bald darauf der Herr Professor
Francke eine Frey-stube auf dem langen Hause an, wo ich Inspection über 8 Schüler kriegte, und täglich
2 Stunden in Secunda Classe Hebraeisch und Griechisch informiren solte. Dieses konte und wolte
ich nicht ausschlagen, ob ich gleich umb einer anderen Ursach nach Halle gekommen war. Da ich aber
kaum mich 8 Monath aufgehalten, und inzwischen mich ferner zu Academischen Studien zu habilitiren
gedachte, so bekam ich unvermuthet gleichsam auf der allerletzten Stunde, da die anderen schon
Reise fertig standen, einen Beruff mit nach Indien zu gehen. Was ich vor vielen jahren beliebet
und ehedeßen gewünschet, obgleich ietzo, darann im geringsten nicht mehr gedacht, das ward nun-
mehro erfüllet, und des Herrn de Bonjours Ausspruch war würcklich ein Ernst, ich reisete
nach Indien. Nachdem 10 Monathe verfloßen, und ich unterdeß überall gelegenheit gefunden
auf der Reise, Gottes Wortt zu verkündigen, so kamen wir glücklich in Tranckenbar an. Möchte
aber jemand zu wißen begehren wie und wo ich dann auf meiner Reise geprediget hätte, so dienet
zur Antwortt, einmahl auf dem Schiffe von Rotterdam nach London, that ich den Teutschen Freundt
die mit uns reiseten den gefallen, und hielt eine Erbauung mit Ihnen am heil. Weihnachtstage.
Zu London ward ich 6mahl angesprochen zu Predigen, und auf dem Englischen Schiffe waren unter
den Soldaten 4 Teutsche, denen ich Sonntags 2 mahl einen Vortrag that. Man muß hier aber
wißen, daß wir uns zuerst in Madrass 3 wochen lang aufhielten, weil wir mit einem
Englischen Schiffe anhero gelanget, ehe wir nach Tranckenbar abreisen konten. Indem aber
zur selbigen Jahrs Zeith uns der Wind und Sturm zuwieder, so brachten wir 5 wochen auf
dieser kleinen Reise zu. Ich war der elendeste darauf, denn ich war in Madrass sehr kranck
gewesen, und zu dem kam noch, daß auf der Schalupp ein jeder in dem Cabin oder Cabinett
seinen Raum des Nachts trocken zu liegen fein geschwind weggenommen hatte , dergestalt, daß
ich alß einer, der zu spät gekommen, unter freyen Himmel dichte bei den Schoonien in einem
Kahn meine Herberge nehmen muste. Und welches noch das jämmerlichste war, es kam ge-
meiniglich alle Nächte ein plötzlicher Platzregen, der mich auffweckte und gäntzl. Naß machte,
Da lieff ich dann ins Cabinet und saß so Naß dar, denn so viel Raum alß ein Mensch zu sitzen
gebraucht, war noch vorhanden, bis es Tag ward. Bey Tage trocknete ich meine Kleider
und saß die übrige Zeith in der Sonnen Hitze. Gewiß mir ist noch nimmer härter mit-
gespielet worden, als auf dieser Reise, darumb kann ich auch nicht anders alß hier mit
wenigen deßen zu gedencken. Doch mein Hertz war resolviret, mich den willen Gottes
zu überlaßen, es käme zum Tode oder zum Leben. Denn ich wuste, ich müste kein weicher
Mensch seyn, wann ich wolte unter die Heyden ans Werck des Herrn arbeiten.
Und O! wie ging es mir in Tranckenbar, ich ward auf eins in großer Noth, Jammer
und Elend gestürtzt. Denn ich bekahm durch den Todt des Herrn Ziegenbalgs und des Herrn Magister
Gründlers die gantze Missions Last auf meinem Halß, und zwar ehe ich noch die Sprachen
gelernet hatte. Zu dem so fiehl ich anfangs in schwere Kranckheiten, meine Füße schwollen
Michaelis machet. Einigen andern aber gab ich lectionem in Syriacis. Denn ich habe die
Hebräische Bibel 5 mahl durchgelesen und mich Meditando lang bey einigen Capittuln sonderl.
in Jesaia aufgehalten. Wie ich sonsten an vorigen Orthe und in Landsberg an der Warthe
vielmahl auf erfordern, (denn ich habe nimmer darumb angehalten) Predigen müßen, so,
nahmen die hiesigen Herren Prediger es mit Danck an, daß ich ihre vices in Predigen sowohl des Sontags
alß sonsten vertretten wolte. Mit dem gelehrten Doct. Beckmann umbzugehen, war es
mir recht eine gefundene Sache, auch habe den Herrn Doc. Strymesium unter andern gehöret.
Sonsten aber habe inzwischen Italienisch, Spanisch, Holländisch und etwas Englisch gelernet.
Ich kam nach Franckfurth 1716 den 1. Januarii und reisete wieder forth den 28. Martii
1718. Mir wurden unterschiedliche Vorschläge gethan in Franckfurth zu bleiben, allein ich
nahm nichts an, sogar daß der Herr von Bonjour abermahl auf mich ungehalten worden, wel-
ches Er in seinem letzten Briefe, denn ich in Franckfurth einen Tag vor meiner Abreise
noch Empfing, genug zu verstehen gab: denn er schrieb in Schertz diesen höfflichen Verweiß:
ich würde wohl nach Indien noch gehen wollen, ich möchte 2 von seinen nahen anverwandten
grüßen, wann ich sie antreffen würde. Denn die Leuthe, die nicht im Vaterlande gutes thun
wolten lieffen alle nach Indien. Weil Er doch allezeithen ein guter Freund gewesen, so hielt ihm
das zu gute. Allein das muß ich noch hier von meiner Lust nach Indien zugehen melden.
Ich hatte schon vor diesem eine Geneigtheit bekommen, alß ich noch in Landsberg war.
In Halle Ao 1712. war ich etliche mahl auf dem Wege zu dem Herrn Profess. Francken zu gehen,
in willens, mich anzumelden, daß ich gern wolte, wenns Gottes gnädiger Wille wä
Indien schicken zu laßen, allein wann ich nahe ans Hauß kam, dachte ich, waß du ietzo thun wilt,
damit wird deine Mutter nimmer zufrieden seyn, und so ward mein Gemüthe geschlagen,
daß ich wieder unverrichteter Sache umbkehrete. Alß aber meine Mutter gestorben war
da ich eine weile in Franckfurth gewesen, so schrieb ich gleich an den Herrn Professor Francken, daß
ich willens wä
Meinung kundthun. Mit der ersten Post bekam ich Antwortt von Ihm, des jnnhalts, wegen
des puncts nach Indien mich zu senden, da könte Er mir vor der Hand weder rathen noch helffen
ich möchte nur bleiben, wo ich wä
hatte. Diese Antwortt benahm mir gäntzlich alle Absicht und Gedancken, jemahls nach
Indien zu gehen. Von Franckfurth reisete ich nach Berlin, allein obschon einer und der
ander von guten Freunden //mich// bey sich behalten wolte
erwehlen konte dieses, daß ich wieder nach Halle gehen möchte. Von Franckfurt aus bis
Halle war meine Meditation diese: Der Herr ist nahe allen denen, die ihn anruffen,
allen denen die Ihn mit Ernst anruffen. Er thut waß die Gottsfürchtigen begehren, höret
ihr schreyen und hilffet ihnen. Diesen Spruch lernete ich ietzo aus der Erfahrung recht
Verstehen, jtem ich will dich mit meinen Augen leiten. Ey gedachte ich, wann das wahr ist,
so werde ich nicht im Finstern wandeln. Und ob ich gleich mit meinem verfinsterten Vernunffts-
Auge nicht 4 Meilen voraus [... nach seinen
Wortt, auch fiehl mir ... Er ... uste] nicht
wohin. Das sagte mir mein Hertze auch, da ich aus Franckfurt forthreiset, dann in wahrheit ich
wuste nicht, wo ich hinging, nehmblich wo mir Gott hinführen würde. Allein ich verließ mich darauf daß es
Gott wüßte, dann gedachte ich was wä
alß ich in Halle angekommen war, welches den 10ten April 1718 geschahe, bothe mir bald darauf der Herr Professor
Francke eine Frey-stube auf dem langen Hause an, wo ich Inspection über 8 Schüler kriegte, und täglich
2 Stunden in Secunda Classe Hebraeisch und Griechisch informiren solte. Dieses konte und wolte
ich nicht ausschlagen, ob ich gleich umb einer anderen Ursach nach Halle gekommen war. Da ich aber
kaum mich 8 Monath aufgehalten, und inzwischen mich ferner zu Academischen Studien zu habilitiren
gedachte, so bekam ich unvermuthet gleichsam auf der allerletzten Stunde, da die anderen schon
Reise fertig standen, einen Beruff mit nach Indien zu gehen. Was ich vor vielen jahren beliebet
und ehedeßen gewünschet, obgleich ietzo, darann im geringsten nicht mehr gedacht, das ward nun-
mehro erfüllet, und des Herrn de Bonjours Ausspruch war würcklich ein Ernst, ich reisete
nach Indien. Nachdem 10 Monathe verfloßen, und ich unterdeß überall gelegenheit gefunden
auf der Reise, Gottes Wortt zu verkündigen, so kamen wir glücklich in Tranckenbar an. Möchte
aber jemand zu wißen begehren wie und wo ich dann auf meiner Reise geprediget hätte, so dienet
zur Antwortt, einmahl auf dem Schiffe von Rotterdam nach London, that ich den Teutschen Freundt
die mit uns reiseten den gefallen, und hielt eine Erbauung mit Ihnen am heil. Weihnachtstage.
Zu London ward ich 6mahl angesprochen zu Predigen, und auf dem Englischen Schiffe waren unter
den Soldaten 4 Teutsche, denen ich Sonntags 2 mahl einen Vortrag that. Man muß hier aber
wißen, daß wir uns zuerst in Madrass 3 wochen lang aufhielten, weil wir mit einem
Englischen Schiffe anhero gelanget, ehe wir nach Tranckenbar abreisen konten. Indem aber
zur selbigen Jahrs Zeith uns der Wind und Sturm zuwieder, so brachten wir 5 wochen auf
dieser kleinen Reise zu. Ich war der elendeste darauf, denn ich war in Madrass sehr kranck
gewesen, und zu dem kam noch, daß auf der Schalupp ein jeder in dem Cabin oder Cabinett
seinen Raum des Nachts trocken zu liegen fein geschwind weggenommen hatte , dergestalt, daß
ich alß einer, der zu spät gekommen, unter freyen Himmel dichte bei den Schoonien in einem
Kahn meine Herberge nehmen muste. Und welches noch das jämmerlichste war, es kam ge-
meiniglich alle Nächte ein plötzlicher Platzregen, der mich auffweckte und gäntzl. Naß machte,
Da lieff ich dann ins Cabinet und saß so Naß dar, denn so viel Raum alß ein Mensch zu sitzen
gebraucht, war noch vorhanden, bis es Tag ward. Bey Tage trocknete ich meine Kleider
und saß die übrige Zeith in der Sonnen Hitze. Gewiß mir ist noch nimmer härter mit-
gespielet worden, als auf dieser Reise, darumb kann ich auch nicht anders alß hier mit
wenigen deßen zu gedencken. Doch mein Hertz war resolviret, mich den willen Gottes
zu überlaßen, es käme zum Tode oder zum Leben. Denn ich wuste, ich müste kein weicher
Mensch seyn, wann ich wolte unter die Heyden ans Werck des Herrn arbeiten.
Und O! wie ging es mir in Tranckenbar, ich ward auf eins in großer Noth, Jammer
und Elend gestürtzt. Denn ich bekahm durch den Todt des Herrn Ziegenbalgs und des Herrn Magister
Gründlers die gantze Missions Last auf meinem Halß, und zwar ehe ich noch die Sprachen
gelernet hatte. Zu dem so fiehl ich anfangs in schwere Kranckheiten, meine Füße schwollen