auch so gar bey anhörung göttlichen Wortes; welches mich überaus schmerzhaft
und zum ernstlichen Seufzen und Flehen antrieb. Hauptsächlich dienete
es mir auch auf alles genau Achtung zu geben, auch wenn bey Tische sas,
ob nicht ein Wort kommen würde, daß sich auf meinen Zustand schickte,
und auch daran lies es mir Gott nicht fehlen. Indem eben zu der Zeit
über Tisch folgendes vorgelesen wurde: Man müste auch in Anfechtung
und Prüfungs Stunden Gott preisen, den Gott lies auch solches aus lau-
ter Liebe zu, auf daß nicht der Mensch wen er beständig gute Tage ge-
nöße und frölich wäre, sicher würde und wohl gar dächte er hätte
ietzo alles überwunden und brauchte es nicht, daß er so über sich
wachte und so ernstlich Gott suchte; sondern daß das Herz schon ganz
rein wäre. Ich kan nicht sagen wie erfreulich mir diese Worte
waren; so daß ich dadurch ganz ungemein aufgemuntert wurde
anzuhalten, stille zu seyn und auf die Hülfe des HErrn zu warten
als welcher mich auch hierin nicht würde unterliegen laßen.
Den 3ten Tag kam darüber in gar große Noth, auch bey Anhörung göttlichen Worts.
wie des Abends von Tisch kam ging auf den Altan des Waysenhauses mein Herz
vor Gott auszuschütten, da den anfänglich nicht mehr im Stande war als
nur seufzend auszustoßen: Erbarme dich o Jesu, erbarme dich! Wie nun
so da lag, kam mir auf einmahl der Kern Spruch Pauli ein: Mir ist Barm-
herzigkeit widerfahren, mir den allergrösten Sünder, Tim. 1,15.16. Da mir
den diese Worte so lebendig wurde und mein Herz mit einen besondern Gnaden
Guß überschüttet wurde, daß auch der Mund davon überfloß; und viel
100 freuden Thränen vergoßen wurde. O Jesu wie gnädig beweist du
doch gegen einen armen Sünden-Wurm!
Meine Leibes Schwachheit in welche gerieth, diente mir auch immer zu
vielen Segen und führte mich zum öftern auf erfreuliche Todes-
Betrachtungen, indem dadurch immer an die Zerbrechlichkeit meiner
Leibes Hütte erinnert wurde und Gott um rechte Zubereithung bath.
Daher auch vielmahls bin gedrungen worden, Gott dafür herzlich zu
loben. Herr deine Wege sind eitel Güte und Gnade.
In diesem 1756 Jahr that mir der //Herr// auch viel gutes in der Gemeinschaft
anderer, indem //er// manche erwekte, die sich aufmachten und auf die Erret-
tung ihre Seele bedacht waren. Den in diesem Jahr, ohngefehr um Johannis
fing zuerst die Erweckung unter den Schülern an, als welche hernach