Eben Ezer den 4 Junii 1744.
Hochwürdiger, Hochgelahrter,
In Christo theuerster u. Werthester Herr Doctor,
 
So gern ich an Ew. Hochwürden u. an das liebe Halle als meine
geistliche Geburts-Stadt gedencke, so gern schreibe ich auch an Sie,
und bin ich daher bey mir selbst unruhig, daß seit meinem
letzten Briefe an dieselben vom 24 Febr. a. c. schon 3 Monathe
verfloßen, da ich an Ew. Hochwürden nichts geschrieben habe. Die
Umstände haben es nicht zu laßen wollen, zumahl da ich
bey anhaltender Leibes Schwachheit meines redlichen Collegen die
Amtsgeschäffte allein gehabt, und noch habe. Da ich den 18 Apr.
unser Diarium, u. zugleich einen Extract an unsern theuer-
sten Herrn Professorem, dem werthesten Herrn HoffPr. Ziegenhagen
zu schickte, habe gebeten mich bey Ihnen u. dem theuren werthen
Herrn Sen. Urlsperger zu entschuldigen, daß an Sie beyde,
als meine inniggeliebte Väter in Christo, damahls nicht schrei-
ben können. Wir haben recht sehnlich von Tage zu Tage auf die beyden
Kisten von Halle u. Augspurg gewartet, u. wenn ich ver-
muthet hätte, daß sich die Ankunfft derselben so gar lange ver-
ziehen solte (denn sie sind bis dato in Charles-T[own] noch
nicht angekommen) so würde ich gewis eher geschrieben haben.
Mein Verlangen nach Nachricht aus Europa, u. besonders
von Ew. Hochwürden Leibes- u. Amts Umständen ist unbe-
schreiblich groß. Wir beten im Namen des Herrn Jesu ohn
Unterlaß für Sie, u. wolten gern auch Gott demüthig und
hertzlich loben, wenn wir wüßten, wie es um Sie in Ihrem
betrübten Wittwer-Stande, bey Ihrer schwächlichen Leibes- Consti-
tution u. sehr vielen Arbeit auf der Universitaet u. im
Ministerio eigentlich stehen mag. Ich kan es wohl nicht
begehrn, daß Ew. Hochwürden selber an mich schreiben, da
mir Ihre weitläuffige Amtsgeschäffte genungsam bekandt sind,
doch würde ich mich sehr freuen, wenn dero Amanuensis
oder sonst ein guter Freund von Ihnen unterweilen einige
 
An Herrn Doct. Francken.