vociret ward, und daselbst schwere Arbeit vor sich fand der Seel. sich schuldig erachtete
seinen alten Vater zu subleviren. Aber hilff ewiger Gott, was für einen grausahmen
Anblick fand er da vor sich. Die Praepositur wie ein wüstes Verwalter Hauß, dar-
innen weder Eltern noch Sohn nicht mehr den ein einziges Gemach, darinnen
sie vor Regen sicher schlaffen konnen vor sich funden, daß war ihre Studier-
Stube, Wohnstube und Cammer zugleich. Betten und Bücher konten sie fast nicht vor
Regen und Schnee retten, aber sie trosteten sich, daß sie wie Israel auß den AEgyptien
Drancksahlen in und durch die Wüsten zu dem gelobten Lande wandern müsten.
Neben dem wüsten Hause, funden sich auch wüste Hertzen, wüstes Wesen in Kirchen
und Schulen, und mit der anwachsenden Arbeit wuchß auch der Verdruß und Wie-
dersetzligkeit in allen Standen, welches alles umbstandl. anzuführen zu weitläuff-
tig fallen würde. Von diesem allen nahm der Wohlseel. theil, seines Herrn Vaters Ange-
legenheiten, waren seine eigne. Nichts desto minder erwieß er daß er in N. Stettin
nicht umsonst wäre, indehm er seinen alten lieben Herrn Vater im Predigen und schrei-
ben viel Arbeit abnahm, auch nachdem er von dem Herrn Rectore Gymnasii Verlaub-
nüß erhielte, daß er horis successivis im gymnasio dociren möchte, welches derge-
stalt angeschlagen daß in kurtzer Zeit einige Gymnasiasten gute Profectus im hebra-
ischen gemacht, und in der accentúation ein vieles proficiren würden, wann
seine Kranckheit und erfolgter Todt die Arbeit nicht unterbrochen hätte. Seine
Gaben und Lehre waren so beschaffen, daß auch diejenigen, welchen er doch sudes [in]
oculis war nicht anders als rühmen musten, wobey nachdenckl. und ominös wa[r]
daß, da er letztes mahl am Sonntag Reminiscere predigte, mit diesen Worten schloße
Ende guth alles guth, folgendes Tages darauff er bettlägerich ward, und die
überhand genommene Hectica sich genugsahm äußerte, welches kein Wunder
war, maßen er in einer miserabelen Wohnung den Winter über meistens in
der Kalte schlaffen, studiren und meditiren müßen auß mangel der logementer. Wäh-
rendem seinem 4wöchentl. Krancklager wurden von hiesiegem Medico alle
ersinnliche Mittel angewandt, nicht weniger von Stolp auß die allerdienligsten
medicamenta in abundance, ihn zu erhalten von einer geneigten Freundin, derer
Sohn er bißhero in hebraicis, Philosophia antiqua et Latinitate hieselbst informiret,
gesand, und den auch dergleichen ihm von Cösslin geholet, welche dann
auch gantzlich übereinstimmeten mit denen, so hiesiger Medicus appliciret und
gebrauchet hatte. Währender Kranckheit sprach er öffters: Es lieget mir beydes
sehr hart an, Leben und Sterben; Sterben wolte ich gern, aber auch gerne
leben Meines lieben alten Vaters halber, seine Last mit ihm zu theilen D[ann]