Eben Ezer in Georgien den 21 Nov. 1750
HochEhrwürdiger p.
In unserm liebsten Immanuel theuergeschätzter Bruder
 
Ew. WohlEhrwürden liebreiche und sehr angenehme Briefe vom
11 und 17 Julii a. c., welche mit dem Transport teutscher
Leute zu Ende des vorigen Monaths glücklich zu Lande, und
mir den 31 pass. nebst andern Werthen Briefen aus Londen,
Augspurg u. Halle zu Händen kommen sind, hätte gern
eher beantwortet, wenn ich nicht daran durch unterschie-
dene u. zum Theil traurige Begebenheiten wäre gehindert
worden, wie Sie aus beyliegenden geringen Briefen u.
dem Diario ersehen werden. In meinen letzten Briefen an
Sie habe Ihnen mein Vorhaben eröffnet, unsere beyde Söhnlein
in das gesegnete Waysenhaus zu Halle zum Unterricht auf
Zeit u. Ewigkeit zu senden, u. habe Ihnen ein u. andere
Commission im guten Vertrauen zu Ihrer bekandten Liebe u.
Dienstfertigkeit aufgetragen; das es aber dem Herrn über
Tod u. Leben gefallen unsern Samuel Leberecht zu sich zu
nehmen, so werden wir wol den Gotthilff Israel, der noch
gar jung ist, so lange bey uns behalten, bis der Herr
seinen guten, gnädigen u. wohlgefälligen Willen hierinn
weiter offenbaret. Er war ein frommes, flexibles
und weichhertziges Kind, u. hätte vieleicht, wo nicht auf
der Schule, doch etwa auf der Universitaet an seiner
Seele Schaden nehmen können: Nun ist er ohne Gefahr
u. wir ohne Sorgen. Die Kennzeichen der Gnade Gottes
in seinem Leben u. Sterben haben mich u. seine liebe
Mama sehr gestärckt u. aufgerichtet. Ein mehrers von
diesem Hoffnungsvollen Kinde u. von den Gnadenbezeugun-
gen des wunderbarn u. liebreichen Gottes gegen uns seine
Eltern, werden Sie schon im Diario lesen, u. also melde
weiter nichts davon. Dem Herrn, der allein Unsterbligkeit
hat, sey alle Ehre! Er laße seinem u. seines lieben
Schwesterleins Abschied aus der Welt eine beständige Erin-
nerung meiner Sterbligkeit, u. eine Anleitung zur ernstlichen
 
Herr HoffPr. Albinus