gelauffen waren, wenn nur eine fliehende Hitze oder gute Gedancke bey Ihnen aufgestanden
Diese hatten guten Bescheid geholet, aber sich wol nicht nach dero Vorschrifft gerichtet im Kampff
wieder die Sünde biß zum vollen Siege zu continuiren, und da sahe man leyder! an Ihnen
daß sie hernach in Kurtzen schlimmer worden als vorhero gewesen, dafür fürchte ich mich. Des
halben wolte lieber blos von Gott allein gelehret, berahten, geholffen und errettet seyn. Denn es ist
ein gefährlich Ding, zu geschwinde eine alte eiter Wunde von oben suchen zuzuheilen. Die böse Natur
wenn die ietzo rahten solte, möchte bald und geschwinde ein Trostpflaster haben, allein wenn
du nicht wahrhafftig allen Sünden abstirbest und der gantzen Welt absagest, und in die gäntz-
liche Verleugnung eingehest, so bleibestu noch außen vor der Thür des Reichs Gottes stehen und
der Teüffel hat noch zu viel Gewalt an dich, ia es ist ihm ein leichtes, dich wieder gäntzlich zu fällen
und in seine Stricke zu bringen. Ich schlos dem nach bey mir selbst, alles dran zu wenden, auch
mein natürliches Leben, damit ich nur nicht am Ende mich betrogen sähe und in ungegrün-
deter Hoffnung seelig zu werden, mit Schande und Spott als ein Heuchler dennoch zum Teuffel
führe. Nachdem eine solche Veränderung innerlich bey mir vorgegangen, in dem das
todte Hertz mit dem Worte Gottes aufgewecket, der blinde Verstand mit dem Lichte des Evan-
gelii oder den allerherlichsten Biblischen Sprüchen von Gottes Gnade in Christo, dem Anfang
nach war erleuchtet und der böse irdische verkehrte Wille und Sinn nach langem Widerstreben
und streuben durch Gottes Beystand endlich war gezämet, gebändiget, bedrübet, zurechtgesetzet,
in die Ordnung gebracht und in den Wegen des HErrn nach dem Willen Gottes eingeleitet
worden, da lernete ich nun allererst die heimliche Weißheit Gottes erkennen. Einsten
am Sonntage kam mir vor wie unsere Seele einer dunckeln und schwartzen Spiegel gleich wäre,
wenn aber Gott anfinge hineinzuscheinen, so ginge immer eine lichte Wolcke nach der andern
auf bis es heller wurde. Die Bibel ward mir ietzo als ein eröffnetes Buch vorgeleget, nun ver-
stand ich was die Liebe Gottes heiße und was wir an dem Heiland der Welt für Seeligkeiten
hätten. Denn die Liebe Gottes war in gewisser maas auch ausgegoßen in meinem Hertzen durch
den Heiligen Geist, ich hatte einen freyen Zutritt zum Vater vermittelst seines Sohnes. Nun konte
ich behten, nun hatte ich Lust, Andacht und Vergnügen zu singen. Und in den Collegiis Biblicis
zu proponiren, war meine Freude und Wonne. Ich hatte nicht genug an eines, sondern
ich hielt wochentlich 6. sonderlich habe großen Nutzen aus demjenigen empfunden, welches
bey dem Herrn Rhee hielt. Mein Gemüthe war abgezogen von der gantzen Welt und in
Gott eingekehret, ich tractirte auch keine andere Studia als solche die mir Gottes Weiß-
heit und Heiligkeit desto beßer aufschlüßen konten. Die Bibel war mein Lust Garten, worinnen
meine Seele stündlich spatziren ging, die schönsten und kräfftigsten Sprüche habe durch und durch
meditiret und daraus Safft und Krafft gezogen. Ich ging nimmer über der Straße mit
fremden Gedancken, die ich ohn dem nicht mehr litte, oder daß ich mit jemand von Welt Geschichten
gesprochen hätte, das war mir was unanständliches, sondern ich hatte jeder Zeit einen Biblischen
Spruch in meinem Gemüthe, den erwog ich von einer Seite zu der anderen und machte stets
solche application, daß ich mich nach demselben examinirte, ob derselbe an mir auch schon
erfüllet wäre oder nicht, und wenn einer war, der das sagete, was ich bereits erfahren, da
ward meine Seele gestärcket in der Wahrheit und ich zog ihn gleichsam an als eine schöne Zie-
raht die mir Gott geschencket. Weil ich Zeit meines Aufhaltens auf der Universität alle
wege frisch und gesund war, so hielt ich täglich 8. Collegia. Ich habe dieselbe alle, obgleich nicht
verbotenus, völlig dem Sinne nach concepiret, allein die meisten davon habe gemeinlich
unterweges repetiret, wenn ich über die Straße ein gut Stück zu gehen hatte ehe ich in ein ander
Collegium kam und also ward ich damit meist fertig auf dem Wege, und konte die wenig
Stunden zu Hause zu der Wiederholung der Thesium etc. beßer anwenden. Auf diese
Weise unterhielt ich bey mir beständig gute Gedancken, ich ging damit zu Bette und stand
damit wieder auf, so daß es zu Theil bei mir eintraff: Wenn ich aufwache, bin ich noch bey dir
Ps: 139,18. In dieser Faßung bin ich die gantze Zeit in Halle übergeblieben. Ja als ich einsten
nach Jena reisete in Gesellschafft von 13 Studiosis Theologiae; so habe auf dem Wege hin und
her zu meiner stillen heimlichen Andacht meditiret, was in dem Ps. 119. stehet: Dein Wort
ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege. Solte jemand hierbey gedencken,
wie ich mich bey einem solchen kleinen Spruche hätte so viele Tage aufhalten können? Dem dienet
zur Antwort, daß es eben nicht viel Stunden gekostet, ihn überzudencken und die Wahrheit
darinnen herauszufinden, allein die Aufschlüße und Einsichte, die ich allezeit dabey empfangen
Diese hatten guten Bescheid geholet, aber sich wol nicht nach dero Vorschrifft gerichtet im Kampff
wieder die Sünde biß zum vollen Siege zu continuiren, und da sahe man leyder! an Ihnen
daß sie hernach in Kurtzen schlimmer worden als vorhero gewesen, dafür fürchte ich mich. Des
halben wolte lieber blos von Gott allein gelehret, berahten, geholffen und errettet seyn. Denn es ist
ein gefährlich Ding, zu geschwinde eine alte eiter Wunde von oben suchen zuzuheilen. Die böse Natur
wenn die ietzo rahten solte, möchte bald und geschwinde ein Trostpflaster haben, allein wenn
du nicht wahrhafftig allen Sünden abstirbest und der gantzen Welt absagest, und in die gäntz-
liche Verleugnung eingehest, so bleibestu noch außen vor der Thür des Reichs Gottes stehen und
der Teüffel hat noch zu viel Gewalt an dich, ia es ist ihm ein leichtes, dich wieder gäntzlich zu fällen
und in seine Stricke zu bringen. Ich schlos dem nach bey mir selbst, alles dran zu wenden, auch
mein natürliches Leben, damit ich nur nicht am Ende mich betrogen sähe und in ungegrün-
deter Hoffnung seelig zu werden, mit Schande und Spott als ein Heuchler dennoch zum Teuffel
führe. Nachdem eine solche Veränderung innerlich bey mir vorgegangen, in dem das
todte Hertz mit dem Worte Gottes aufgewecket, der blinde Verstand mit dem Lichte des Evan-
gelii oder den allerherlichsten Biblischen Sprüchen von Gottes Gnade in Christo, dem Anfang
nach war erleuchtet und der böse irdische verkehrte Wille und Sinn nach langem Widerstreben
und streuben durch Gottes Beystand endlich war gezämet, gebändiget, bedrübet, zurechtgesetzet,
in die Ordnung gebracht und in den Wegen des HErrn nach dem Willen Gottes eingeleitet
worden, da lernete ich nun allererst die heimliche Weißheit Gottes erkennen. Einsten
am Sonntage kam mir vor wie unsere Seele einer dunckeln und schwartzen Spiegel gleich wäre,
wenn aber Gott anfinge hineinzuscheinen, so ginge immer eine lichte Wolcke nach der andern
auf bis es heller wurde. Die Bibel ward mir ietzo als ein eröffnetes Buch vorgeleget, nun ver-
stand ich was die Liebe Gottes heiße und was wir an dem Heiland der Welt für Seeligkeiten
hätten. Denn die Liebe Gottes war in gewisser maas auch ausgegoßen in meinem Hertzen durch
den Heiligen Geist, ich hatte einen freyen Zutritt zum Vater vermittelst seines Sohnes. Nun konte
ich behten, nun hatte ich Lust, Andacht und Vergnügen zu singen. Und in den Collegiis Biblicis
zu proponiren, war meine Freude und Wonne. Ich hatte nicht genug an eines, sondern
ich hielt wochentlich 6. sonderlich habe großen Nutzen aus demjenigen empfunden, welches
bey dem Herrn Rhee hielt. Mein Gemüthe war abgezogen von der gantzen Welt und in
Gott eingekehret, ich tractirte auch keine andere Studia als solche die mir Gottes Weiß-
heit und Heiligkeit desto beßer aufschlüßen konten. Die Bibel war mein Lust Garten, worinnen
meine Seele stündlich spatziren ging, die schönsten und kräfftigsten Sprüche habe durch und durch
meditiret und daraus Safft und Krafft gezogen. Ich ging nimmer über der Straße mit
fremden Gedancken, die ich ohn dem nicht mehr litte, oder daß ich mit jemand von Welt Geschichten
gesprochen hätte, das war mir was unanständliches, sondern ich hatte jeder Zeit einen Biblischen
Spruch in meinem Gemüthe, den erwog ich von einer Seite zu der anderen und machte stets
solche application, daß ich mich nach demselben examinirte, ob derselbe an mir auch schon
erfüllet wäre oder nicht, und wenn einer war, der das sagete, was ich bereits erfahren, da
ward meine Seele gestärcket in der Wahrheit und ich zog ihn gleichsam an als eine schöne Zie-
raht die mir Gott geschencket. Weil ich Zeit meines Aufhaltens auf der Universität alle
wege frisch und gesund war, so hielt ich täglich 8. Collegia. Ich habe dieselbe alle, obgleich nicht
verbotenus, völlig dem Sinne nach concepiret, allein die meisten davon habe gemeinlich
unterweges repetiret, wenn ich über die Straße ein gut Stück zu gehen hatte ehe ich in ein ander
Collegium kam und also ward ich damit meist fertig auf dem Wege, und konte die wenig
Stunden zu Hause zu der Wiederholung der Thesium etc. beßer anwenden. Auf diese
Weise unterhielt ich bey mir beständig gute Gedancken, ich ging damit zu Bette und stand
damit wieder auf, so daß es zu Theil bei mir eintraff: Wenn ich aufwache, bin ich noch bey dir
Ps: 139,18. In dieser Faßung bin ich die gantze Zeit in Halle übergeblieben. Ja als ich einsten
nach Jena reisete in Gesellschafft von 13 Studiosis Theologiae; so habe auf dem Wege hin und
her zu meiner stillen heimlichen Andacht meditiret, was in dem Ps. 119. stehet: Dein Wort
ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege. Solte jemand hierbey gedencken,
wie ich mich bey einem solchen kleinen Spruche hätte so viele Tage aufhalten können? Dem dienet
zur Antwort, daß es eben nicht viel Stunden gekostet, ihn überzudencken und die Wahrheit
darinnen herauszufinden, allein die Aufschlüße und Einsichte, die ich allezeit dabey empfangen