seine Sonne soll mich nicht bescheinen, seine Geschöpffe sollen mich weder speisen noch träncken.
Aber nein darann gedencket Er nicht, sondern ist so unverschämt, daß er immer eine Wohltat nach
der andern annimbt und verschlinget //a.// dabey nicht erweget, daß sie ihm alle hochangeschrieben werden
und daß Gott jedes gleichsahm auf seinem Kerbstock gezeichnet. Wann er nun das Unrecht ver-
schlungene, alles miteinander an jenem großen tage erstatten und bezahlen soll, ja es alßdann
so hoch kommet, daß er einsten erfähret, wie Er sich so gar Gott selbsten schuldig ist, und ob Er ietzo
gleich sich nach seiner Thorheit, vor frey hält, er alsdann auch seinen Leib, seine Seele, seinen Ver-
stand, seinen Willen, sein gedächtniß, seine Wortte und Wercke bezahlen sol. Wie wird es dann
mit der Rechnung stehen? Gott begehret Zeche von dem Willen, denn Er der losen Welt verpachtet:
Zoll von den Gedancken, die sollen nicht frey gegangen seyn, jede auch die geringste soll passage Geld
bezahlen. Wie bestürtzet wird der betrogene Sünder alßdann stehen? Da wird Er allererst
erfahren, was er schuldig ist, allein die unmöglichkeit wird ihn angst und bange machen. Nichts, nichts
wird vorhanden seyn, seine Schulden damit abzutragen. Wollte er nach der Welt zurücke sehen,
ob Er da was finden könte, so wird dieselbe alßdann schon verbrandt seyn, zudem so nimmet Gott kein
Silber noch Gold an, der Sünder hat auch nichts. Da wolte er dann wohl geben Verstand für Verstandt,
Wille für Wille, Gedächtniß für Gedächtniß, Seele für Seele, Leib für Leib, wann dieses alles auch erst
sein wäre, und wenns auch Gott so auf diesen Vortrag wolte annehmen. Da nun kein Mittel zubezahlen,
so muß Er ins Gefängniß hingeworffen werden bis er alles bezahle. Wann wird das geschehen?
nimmermehr in alle Ewigkeit nicht. Und wo wil Er dann etwas hernehmen? Daß weiß ich so wenig
alß Er. Also lieget Er in Ewigkeit gebunden und zwar am Verstande. Dieße ist so eingeschränckt und
gleichsam eingepreßet, daß Er schwitzet und schäumet und keine Lufft behält seine Krafft hervorzugeben.
Der Wille springet gleichsam im Kercker herum, weil er gäntzlich durch Verzweifflung außer sich selbsten
gesetzet und nicht weiß, waß Er begehren soll. Man erwege was für ein Schmertzen es einem
gesunden muntern Menschen seyn solte, wann Er nur solte stille einen Tag auf einem weichen Bette
angebunden liegen, dis währe seyne gröste Pein, daß Er nicht würcken könte. Und also wirds mit dem
Willen seyn. Das gedächtniß verliehret in diesem Verdammten Orthe alle passagen, ja alle Gänge
hin und her zu kehren werden ihm abgehauen. Ey du sprichst hierzu, das ist eine tolle Beschreibung,
so ist ja der Mennsch nichts mehr? Ach ja, er ist also, daß Er nichts mehr sey, und so mag der Höllen Pein
abgebildet werden. d. 30. Oct.
Ein andere Meditation hatte ich von dem großen Gott, dem von aller Creatur unendliche Ehre
und Lob gebühret
, auf folgende Arth. Die Vernunfft saget nach recht und billigkeit, ein hohes
Haupt soll man ehren und lieben. Folglich so muß Gott alß das höchste gut von allen Mennschen ge-
liebet, geehret, gelobet und höchlich gepriesen werden. Dis ist die höchste Billigkeit, und wer
etwas nur von Vernunfft hat, kann nicht anders alß so urtheilen. Gesetzt nun, daß auch Gott alß
das ewige Gut uns nichts anginge, Er hätte uns nicht das geringste gegeben, sondern wir lebten
ohn ihn, wir gebrauchten auch seiner nicht, aber wir höreten doch, daß Er ein Ewiges selbständiges
Wesen und das Beste Gut währe, ob es gleich von seiner Güte nichts niemande zu keiner Zeith etwas mit-
theilete; So wären wir doch aus Schuldigkeit verbunden alß weith geringere, solchem hohen, heiligen,
weisen, alten, ewigen Wesen alle Ehre [...] Respect [...]: Nun bedencke man, wenn wir
das Gott ohnedem schuldig waren, ob [...] ihm nichts [...], dergestalt, daß Er für sich und wir
für uns lebten, was meinet man dann, soll ihm dann nicht Ehre, Liebe, Anbetung gebracht werden
von seinen Creaturen und Unterthanen, deren Leiber Er selbst gebildet, deren Seele Er selbst einge-
blasen, und deren Leben Er mit seinem Leben erhält? Er hat ihnen nicht allein den Leib gegeben,
und sie dann laßen hingehen, mit dem Bescheide, sie solten sich selbst Seelen darzu verschaffen,
Nein, sondern Er hat ihnen auch eine so schöne zierliche herliche Seele in dem Leibe formiret, daß
auf Erden nichts herlichers kann gefunden werden, als ein Mensch mit einer vernünfftigen
Seele. Diesen Menschen hat er nicht nur den Leib und die Seele gegeben, sondern auch vorsorge,
getragen wo und wie lange sie hier und da bleiben solten. Weil sie ein theil //von// der Erde des Leibes
ursprung nach, so solten sie eine Zeith auf Erden leben, allein weil sie einen Himmlischen
Geist empfangen, solten sie hinführo zur Himmlischen Herlichkeit eingehen um Ihn zu ehren und
Loben. Viele gaben und Güther schencket Er ihnen, die Erde muß sie tragen und der Himmel
bedecken, Er umfaßet sie mit lauter Liebe, Gnade und Güte. Seine Freundlichkeit ist ihre
tägliche Kost und tractament, seine Hulde scheinet auf sie tag und Nacht, alles, alles was Er
gutes nur hat, das wird den Mennschen Kindern angebothen. Nur wenn die Menschen dießen
allem ungeachtet Ihn ehren und lieben solten, waß wird dann nun ihre Schuldigkeit seyn,
nachdem sie von diesem Gotte geschaffen sind, und alles von Ihm haben und besitzen? Solten
sie Ihn nicht über alles lieben, ehren und Loben? So hätte man vor dem Fall sagen können,
allein nun ist die Liebe noch hundert tausentmahl größer. Denn da der Mensch wieder alle Billigkeit
sich an solchem hohen heiligen Gott vergriffen hatte; So hatte Er sie deswegen aufs harteste straffen sollen,
und also mit der that beweisen, was für ein großer unterscheid sey, zwischen einem hohen und niedrigen
und zwischen dem allmächtigen Schöpfer, und dem ohnmächtigen Geschöpffe. Allein daß hat Er nicht gethan, son-
dern Gott wird Mennsch gebohrn, Er kommet selbst herunter zu dem Menschen, wird selbst alß einer
unter ihnen, läßet sich schlagen, Tödten und Begraben, um daß Er ihnen nur möchte gutes thun, ob
sie gleich Übels gethan, und sich an seiner allerhöchsten Majestät versündiget hatten. Was ist das für eine
Liebe? Was saget die Vernunfft hierzu? Ey hier ist ein unergründlicher Abgrund der Liebe Gottes,
wer nun diesem Schöpfer aufs neue Huldiget, dem sollen alle seine Sünde vergeben werden.
Ach Gottes Liebe ist unendlich groß! Sein Erbarmen über die Menschen ist unermeßlich. Wer
nun aber gleichwohl nach allen diesen Liebesbezeigungen, diesen Gott nicht wieder lieben will, der ist gewis
Verflucht. Ach! Du wundervolles unbegreiffliches Liebes-Meer, wer mag mit seinen Gedancken
darauf fahren, daß Er nicht ersäufft werde? Weßen gemüthe mag deine Liebeswallen übersteigen
daß nicht sein Hertze einsincke? Wann steigen die Seelenkräffte so geschwinde empor, daß nicht
solten die Sinne erstaunend stille stehen? d. 3. Febr.
Eine andere Meditation von der Wahrheit in Christo auf folgender arth. Was ist ein Naturalist
Theologice? Er ist ein solcher, dem alles Natürlich wird, was nur göttlich ist und heißet. Er fürchtet
Gott, er liebet Ihn je mehr und mehr, und suchet all sein thun aus dem Grund der Liebe und des Glaubens
zu verrichten. Dies thut ein Kind Gottes, und sofern es Gott nicht lieben solte, das wäre ihm recht
wiederlich und wieder seine Natur. Wenn es alles hin und her genau durchsuchet und recht erweget,
so kommet endlich nichts anderes heraus alß es muß so seyn, die Natur bringet es somit. Daß aber
der Unbekehrte, dies für eine Thorheit achtet, kommet daher, weil der Mennsch garzusehr verdorben