Sorge und Furcht, daß ich //oft// gantze Nächte nicht schlafen konte. Ueberdem sahe ich viele
Gottlose, von denen man sagte, daß sie in ihrer Jugend from gewesen wären.
Hierüber erschrack ich allezeit, und dachte darauf, wie ich dis an meinem Theil durch
Gottes Gnade am sichersten vermeiden möchte. In dem ich nun einmal unter Anhörung
einer Predigt, worin von Rückfal aus dem Stande der Gnade, gehandelt wurde
in Absicht dieser Sache meinetwegen sehr bekümmert war, so fielen mir
diese Gedanken ein: Siehe! wenn du das studiren ergriffest und einmal ein Lehrer
würdest; desen beständiges Geschäfte die Handlung und Betrachtung des göttl.
Worts ist, so würdest du so leicht nicht aus der Gnade Gottes zurück fallen,
können. Mit diesen Gedanken trug ich mich von meinem 8ten
Jahr an alle
Tage, und es schien mir, als wenn es mein selig werden erfordere, daß
ich das Studiren ergriffe. Ich entdeckte diese Gedanken meinen Eltern und
bath sie mich bald in unsere sogenannte große Schule//zu// schicken, damit
ich in meinem Vorsatz nicht aufgehalten würde. Sie ermahneten
mich allezeit
und öfters mit Unwillen, diese Gedanken fahren zu laßen, das studiren
koste Geld und ihr Vermögen reiche //dazu// nicht hin: überdem schicke sich das studiren
nicht für gemeiner Leute Kinder: wenn sie mich in die große Schule schickten,
so würde ihnen das von jedermann zum Hochmuth ausgelegt werden, und andere
Leute würden sich daran ärgern. Sie hätten schon viele junge Leute gekannt, die
von Jugend auf Informatores gehabt hätten, und wären doch keine tüchtige Leute
geworden; und dis müsten sie von mir um so viel mehr befürchten, weil
ich so gute Gelegenheit nicht haben könnte, als jene gehabt hätten: sie stelten mir
vor, was das für Elend seyn müste würde, wenn ich mit meinen studiren
nicht fortkommen könnte u auch kein Handwerck gelernt hätte; ich möchte auch bedenken,
welche Schande ich ihnen alsdan machen würde nicht nur vor der Welt, sondern
vor jedermann. Gott würde mich in einem jeden Stande in seiner Gnade
erhalten, wenn ich ihm nur täglich darum bitten würde. Das Ende dieser
Vorstellungen war immer der Befehl ins Künftige davon gänzlich zu schwei-
gen. Dis Verfahren meiner Eltern schlug mich allezeit so nieder, daß
ich so lange und so ofte ich daran dachte mich der bittersten Tränen nicht
enthalten konte. Ich unterstand mich auch nicht meine Bitte zu wieder-
holen, als bis meine Eltern mich fragten, wenn sie mich betrübt und
weinend sahen, was mir fehle? Ob ich nun gleich allezeit das hören muste
was sie mir öfters gesagt hatten, so ließ ich mich doch von meinem
Vorsatz nicht abschrecken, daß ich alle Hofnung meinen Zweck noch einmal
zu erlangen hätte fahren laßen. Und bat Gott fleißig, wenn es sein