neologische Lehren entrißen war. – Uebrigens lebte ich sehr eingezogen, unter meinen theologischen Commilitonen
hatte ich Anfangs gar keinen, der eigentlich zu mir paßte; wenn auch hie und da einer war, der die Wahrheit, die aus Gott
ist liebte, so glaubte doch ein solcher, er wäre der einzige: so groß war der Verfall auf dieser Universität!!!
Endlich kam die Zeit, wo ich in Activität gesetzt wurde. Es war einige Wochen vor Ostern 1811, als mir eine würdige
Frau meldete, sie wollte mich in ein Missionsinstitut empfehlen, wenn ich dazu Lust hätte. Mit Freuden nahm ich
diesen Antrag an; weil ich aber schon Student war, konnte ich nicht aufgenommen werden. Nun wurde mir der An-
trag gethan als Evangelischer Prediger nach der Crimm zu gehen. Ich dachte: ich würde dort gewiß auch den Miss:
machen müßen; und nahm den Antrag an. Da ich aber einige Zeit nachher erfuhr, daß ich blos zum Colonisten Prediger
bestimmet sey, so kam ich in Verlegenheit; denn dazu hatte ich mich nicht bestimmt. Was war zu thun? Meine Wahl war bald
gefaßt, ich wandte mich zum Herrn und sagte: Herr! soll ich dort den Heiden das Evangelium nicht verkündigen
so laß lieber aus der ganzen Sache nichts werden. Was geschah? Durch eine sonderbare Verkettung der Um-
stände wurde die Sache die schon eini//ge//mal auf den entscheidenden Punkt war, verzögert und in die Länge geschoben,
bis sie endlich ganz aufgegeben wurde. Während dieser Zeit machte ich eine Reise nach Herrnhut. Die Beywohung
der dortigen Predigerconferenz gereichte mir zum großen Segen. Da ich auch zu eben dieser Zeit das Traktätchen
(Die weitere Ausführung der Frage. Was soll ich thun, daß ich selig werde?) fleißig las, so wurde ich zu dem eigentlichen
Sinn des Evangelii geführt. Ich war zwar vorher immer streng orthodox: aber das war noch nicht genug: erst mußte ich lernen
daß Jesus alles in allen seyn muste, und dies lernte ich in der Predigerconferenz, besonders aber aus jenem vor-
treflichen Traktätchen, welches mich mit einer ganz eigenen Kraft anzog. Meine Seele bekam dadurch gleichsam [eine]
ganz neue Richtung. Zu Michael 1811. bezog ich die Hallische Universität. Hier gereichte mir der Umgang
mit vielen Kindern Gottes zu großem Segen. Es wurden mir auch mehrere Stellen angetragen, die ich aber
alle ausschlug, weil ich fest überzeugt war, daß mich Gott zu einem Miss. gebrauchen würde. Die Zeit
über, die ich in Halle erlebte, habe ich manchmal einen recht seligen Umgang mit meinem Erlöser gehabt.
Da ich für einen Freund ein paar Monate auf dem Zuchthauß vicariren muste, so gereichte mir
auch dies zu einem unbeschreiblichen Segen, und der Herr half mir sichbarlich. Ich habe große Ursache
zu sagen: Vergiß nicht, Seele, was er dir Gutes gethan hat! Nun, der Herr sey gelobet für alles,
was geschieht: er hat geholfen, er hilft noch, und wird auch weiter helfen.
שיבח שמו של האדון1
 
Ich halte es für dienlich noch einige Nachrichten, meine Familie betreffend, herzusetzen.
Mein Vater, der überall in großer Achtung stand, hat sich auch in der gelehrten Welt durch einige theol. Schriften
bekannt gemacht. Meine Mutter ist eine geborne Schwenkin aus Dresden, deren Vater ein berühmter
Medicus in Dresden war, der sich aber auch durch einen äußerst frommen Lebenswandel auszeichnete, überall in
der größten Achtung stand, und sich auch durch einige Bücher, sowohl medicinische als ascetische, bekannt gemacht hat.
Die erste Frau meines Vaters, von der noch meine 3 ältesten Brüder herkommen war aus Merseburg.
Geschwister habe ich noch acht:
1) Paul Gotthold Jacobi, ist Pfarrer in Niederseefeld bey Dahme hinter Wittenberg
ist bis jetzt noch unverheirathet, hat 3 Geschwister bey sich, meine älteste und meine jüngste
Schwester, und meinen jüngsten Bruder.
2) David Gotthardt Jacobi, ist Diacono zu Olbernhau:
3) Joseph Ehregott Jacobi ist Diaconus zu Seyda bey Wittenberg, und zugleich Pastor von Morksdorf
4) Christiane Elisabeth, führt die Wirtschaft meines Bruders in N Seefeld und Mellnitz
5) Augusta, ist bey der Mutter 17. J.
6) Henrietta, . . . . . . . 15. J.
7) Juliana, befindet sich in N. Seelfeld, als 13 Jahr.
8) Gotthelf Heinrich; 10 Jahr alt, hat schon große Fortschritte gemacht,
besitzt sehr viel Talent, scheint besonders zum Prediger und Miss. geeignet zu sey; denn er hat
schon manchmal gepredigt, welches nach seinem Alter überaus wohl gerathen war.
Der selige Vater sagte immer: Meine Söhne müßen alle Theologen werden; übrigens
mögen sie nach Africa oder Südindien kommen; es läßt sich übrigens überall Gutes stiften;
wenn sie nur Prediger sind.
 
Altona d. 6ten Sept. 1812.

  1. Gelobt sei der Name des Herrn.