ziemlich lesen gelernet und da ich kaum 5 Jahr alt, so habe angefangen auch zu schreiben und zwar
gleich auf Papier. Es ward in unserem Hause fleißig gesungen und gebethet und das nicht nur
des Morgens und des Abends, sondern auch nach dem Mittags Eßen, ja meine Schwester Margaretha
that bey ihrer Arbeit den gantzen Tag durch nichts anders alß daß sie entweder sang oder ein
Stück in der Bibel laaß. Ob ich gleich nicht konte mit singen, so hatte ich mir unterdeßen doch
viele schöne Lieder gemercket und wuste durch Gehör nicht nur versiculs sondern gantze
Lieder aus wendig, denn es gefiel mir beydes die Sache und die süßen Weisen des Gesanges.
Sonderlich war meine Mutter durch manches Kreutz schon tief gebeuget worden, dahero hörete
ich mit großer Andacht zu wenn Sie halbe und gantze Stunden aus dem Hertzen behtete. Die
Sonntage wurden von uns ernstlich gefeyret und wir Kinder wurden angehalten auf der
Predigt Acht zu geben und uns catechisiren zu laßen, was wir gehöret und gelernet hätten,
ja weil dieses hernach als ich in der Schule heran wuchs als ein nohtwendig Stücke erfordert wurde,
die Predigt aufzuschreiben, so kam ich schon früh zu solcher Gewohnheit, daß mein Praeceptor nur
etliche mahl die Mühe hatte mir die Exordia, den Text, die Proposition und die Abtheilung
zu sagen, so that ich hernach schon selbst und dieses Predigt aufschreiben, habe ich auch so lang continu-
iret biß ich nach Indien beruffen worden. Durch die vieljährige Übung des Aufschreibens
waren mir die Erklärungen über die Evangelia und Episteln so bekant worden, in dem
ich alles mit attention angehöret, daß es mir ein leicht Ding war, wenn ich zu Haus kam
die Predigt nach allen Stücken herzusagen oder wie es oft geschehen, wenn ich wegen Umstände
nicht hatte in der Kirche schreiben können, mich zu Hause hin zu setzen und die gehörte Predigt Teutsch
oder Lateinisch in guter Ordnung zu entwerffen. Dieses habe ich in Landsberg an der Warthe
und zu Berlin gethan, worüber sich viele von meinen Commilitonibus so ver wundert, daß
sie es vor unmöglich auschrien, allein Sie hatten in so weit recht, weil Sie nicht wusten, daß
ich von Kindesbeinen darinnen schon geübet worden. Doch wieder auf den ersten Anfang
meine Schulgehens zu kommen, so mochte ich etwa 5. Jahr alt seyn, da ich die schöne Reim-
Sprüchlein aus den Evangeliis auswendig gelernt, derer ich noch bis dato viele weiß
alß zum Exempel. Laß Dich HErr Jesu [durch mein Gebet] bewegen
gleich auf Papier. Es ward in unserem Hause fleißig gesungen und gebethet und das nicht nur
des Morgens und des Abends, sondern auch nach dem Mittags Eßen, ja meine Schwester Margaretha
that bey ihrer Arbeit den gantzen Tag durch nichts anders alß daß sie entweder sang oder ein
Stück in der Bibel laaß. Ob ich gleich nicht konte mit singen, so hatte ich mir unterdeßen doch
viele schöne Lieder gemercket und wuste durch Gehör nicht nur versiculs sondern gantze
Lieder aus wendig, denn es gefiel mir beydes die Sache und die süßen Weisen des Gesanges.
Sonderlich war meine Mutter durch manches Kreutz schon tief gebeuget worden, dahero hörete
ich mit großer Andacht zu wenn Sie halbe und gantze Stunden aus dem Hertzen behtete. Die
Sonntage wurden von uns ernstlich gefeyret und wir Kinder wurden angehalten auf der
Predigt Acht zu geben und uns catechisiren zu laßen, was wir gehöret und gelernet hätten,
ja weil dieses hernach als ich in der Schule heran wuchs als ein nohtwendig Stücke erfordert wurde,
die Predigt aufzuschreiben, so kam ich schon früh zu solcher Gewohnheit, daß mein Praeceptor nur
etliche mahl die Mühe hatte mir die Exordia, den Text, die Proposition und die Abtheilung
zu sagen, so that ich hernach schon selbst und dieses Predigt aufschreiben, habe ich auch so lang continu-
iret biß ich nach Indien beruffen worden. Durch die vieljährige Übung des Aufschreibens
waren mir die Erklärungen über die Evangelia und Episteln so bekant worden, in dem
ich alles mit attention angehöret, daß es mir ein leicht Ding war, wenn ich zu Haus kam
die Predigt nach allen Stücken herzusagen oder wie es oft geschehen, wenn ich wegen Umstände
nicht hatte in der Kirche schreiben können, mich zu Hause hin zu setzen und die gehörte Predigt Teutsch
oder Lateinisch in guter Ordnung zu entwerffen. Dieses habe ich in Landsberg an der Warthe
und zu Berlin gethan, worüber sich viele von meinen Commilitonibus so ver wundert, daß
sie es vor unmöglich auschrien, allein Sie hatten in so weit recht, weil Sie nicht wusten, daß
ich von Kindesbeinen darinnen schon geübet worden. Doch wieder auf den ersten Anfang
meine Schulgehens zu kommen, so mochte ich etwa 5. Jahr alt seyn, da ich die schöne Reim-
Sprüchlein aus den Evangeliis auswendig gelernt, derer ich noch bis dato viele weiß
alß zum Exempel. Laß Dich HErr Jesu [durch mein Gebet] bewegen
Komm in mein Haus [und Herz und bringe mir] den Seegen
All Arbeit Müh und Kunst ohn dich nichts richtet aus
Wo du mit Gnaden bis, kommt Seegen in das Haus. Weil ich
denn längst fertig in lesen geworden und nach geendigter Schule zu Hause kam, so
konte ich nicht stille sitzen, sondern fing auf Anfrage und Uhrlaub meiner Mutter, ihr
und meinen Schwestern die Psalmen Davids vorzulesen, sonderlich des Mittwochs und
Sonnabends nachmittage, da man Freyheit hat. Ich bekahm aber öfters solche Lust, daß
Sie mir musten Einhalt thun und mir heißen aufhören. Bißhero hatte ich müßen vor den
Tisch treten und mein Morgen und Abend Gebeth thun, wie ich gelehret worden. Man hatte aber
hernach angefangen mir ein Buch zu geben und daß ich daraus laut in aller Gegen wahrt ein
Gebeht herlesen solte. Als ich einsten mitten im lesen war und die Worte im Morgen Geb-
behte vorkammen: HErr lehre mich bedencken, daß mein Leben ein Ziel hat und ich davon muß,
so setzete ich aus guter Einfalt, weil mirs beweglich war, auch die Worte: mein Leben ein
Ziel hat, einen kläglichen Thon mit einem tieffen Seuffzer, worüber mein Geschwister
so außer sich gesetzet, daß eines mich hernach auszulachen anfing, eben akks wenn ich was
thorichts begangen hätte, allein ich schämete mich deßen nicht, sondern schwieg darzu stille.
Einsten auf dem Abend im Winter, da wir alle zusammen waren, wurde etwas er-
zehlet, daß sich des Tags über begeben hätte und weil die Umstände mochten was seltsahm
seyn, so fingen sie alle darüber zu lachen an, ich aber saaß unbeweget und machte die ge-
ringste Mine nicht mich ihnen gleichzustellen, welches eines von meinen Geschwistern gleich
vermercket und mich deshalben für einen alten Mann ausgescholten, allein ich litte das gern.
Als ich aus der kleinen Schule in die so genante große Schule zu gehen anfing, ward ich ge-
wahr, daß andere Kinder dann und wann Schläge kriegten, dafür fürchtete ich mich sehr.
Nun hatte ich öfters zu Hause singen gehöret das Lied: Auf meinen lieben Gott, trau
ich in Angst und Noth, Er kan mich allzeit retten, aus Trübsahl Angst und Nöthen, mein Unglück
kan Gott wenden, steht alles in seinen Händen. Deshalben machte ich den Schlus: Schläge
konte ich nicht stille sitzen, sondern fing auf Anfrage und Uhrlaub meiner Mutter, ihr
und meinen Schwestern die Psalmen Davids vorzulesen, sonderlich des Mittwochs und
Sonnabends nachmittage, da man Freyheit hat. Ich bekahm aber öfters solche Lust, daß
Sie mir musten Einhalt thun und mir heißen aufhören. Bißhero hatte ich müßen vor den
Tisch treten und mein Morgen und Abend Gebeth thun, wie ich gelehret worden. Man hatte aber
hernach angefangen mir ein Buch zu geben und daß ich daraus laut in aller Gegen wahrt ein
Gebeht herlesen solte. Als ich einsten mitten im lesen war und die Worte im Morgen Geb-
behte vorkammen: HErr lehre mich bedencken, daß mein Leben ein Ziel hat und ich davon muß,
so setzete ich aus guter Einfalt, weil mirs beweglich war, auch die Worte: mein Leben ein
Ziel hat, einen kläglichen Thon mit einem tieffen Seuffzer, worüber mein Geschwister
so außer sich gesetzet, daß eines mich hernach auszulachen anfing, eben akks wenn ich was
thorichts begangen hätte, allein ich schämete mich deßen nicht, sondern schwieg darzu stille.
Einsten auf dem Abend im Winter, da wir alle zusammen waren, wurde etwas er-
zehlet, daß sich des Tags über begeben hätte und weil die Umstände mochten was seltsahm
seyn, so fingen sie alle darüber zu lachen an, ich aber saaß unbeweget und machte die ge-
ringste Mine nicht mich ihnen gleichzustellen, welches eines von meinen Geschwistern gleich
vermercket und mich deshalben für einen alten Mann ausgescholten, allein ich litte das gern.
Als ich aus der kleinen Schule in die so genante große Schule zu gehen anfing, ward ich ge-
wahr, daß andere Kinder dann und wann Schläge kriegten, dafür fürchtete ich mich sehr.
Nun hatte ich öfters zu Hause singen gehöret das Lied: Auf meinen lieben Gott, trau
ich in Angst und Noth, Er kan mich allzeit retten, aus Trübsahl Angst und Nöthen, mein Unglück
kan Gott wenden, steht alles in seinen Händen. Deshalben machte ich den Schlus: Schläge