schon so viel, daß Gott allein helffen könte, und sonst außer Ihm kein Mensch in der Welt.
O! wie schön und andachtig und hertzlich, konte ich mit Worten, die ich selbst nicht ver-
stand aus dem Hertzen auf meine Knie behten, allein da die Gefahr vor über, so ver-
schwand auch die Inbrunst im Gebeht. Hier wäre es Zeit gewesen den Geist des Gebehts zu
bitten, daß Er wolle bey mir bleiben. Allein die Eitelkeit der Welt hatte noch in meinem
Hertzen die Oberhand. An einem Sonntage, als ich aus der Kirche nach Hause gekommen war,
nahm ich Thomas de Beusts Tractatlein in die Hand, das de arte bene moriendi geschrieben
und fand eben darin des Augustini Sententz, welcher spricht: maledictus omnis qui
florem iuventutis diabolo et faeces defaecatae senectutis DEO consecrat.
Das war mir als ein Donnerschlag auf mein Hertz, denn ich glaubete einmahl daß der
Ausspruch wahr und richtig wäre, über dem so konte ich mirs nicht einbilden, dass ich von
meiner Lebenszeit an solte mich Gott aufgeopffert und gewidmet haben. Und also
war es bey mir als schon gantz ausgemachet, ich hätte bishero nur dem Teuffel gedienet,
und wenn ich gleich nun wolte anfangen mich Gott aufzuopffern, so wäre es doch
nicht anders als daß ich Ihn nun mehro wolte die Heffen bringen, welches sich gar
nicht schicken noch räumen wolte, und als wäre ich schon verfluchet, gerichtet und
verdammet. Das härteste und schwereste hier bey war zu glauben, ob Gott wolte und
konte einem solchen Menschen Gnade erzeigen und Ihm diese Sünde vergeben? Gewiß
hier hatte ich Noht und Arbeit in meiner Seele auszudencken und auszufinden wie es
doch endlich würde möglich seyn, daß Gott den Fluch von mir nehme? Nach einer gerau-
men Zeit, da ich mich mit diesem Scrupul getragen, lernet ich nach und nach heimlich bewun-
dern die unermeßliche Barmhertzigkeit des großen Gottes, die mit nichts könte
verglichen werden. Meine Meditation darüber oder Einfall, den ich bekahm, war damahls
dieser, nemlich ich schloß folgender maßen. Es wäre sonsten ein liederliches Frauen Mensch
in ihrem übrigen Leben, so verworffen, daß sie kein erlicher Bauer, oder ansehnlicher Bürger
oder Edelmann, geschweige ein Fürst und König heurahten und ehrlich machen würde.
Denn das Mitleyden über solche arme Krancke unreine Huhre, um sie zu ehren, wäre
ein Ding das wider Vernunfft und über allen Verstand ginge. Allein, was thäte
wohl Gott? Er nehme eine Krancke, unreine, blinde, nackete, veruchte und verfluchte
Seele, die bishero des Teuffels Huhre gewesen, zu Gnaden an, finge sie an zu erheben
zu ehren und mit seinem Sohn zu vermählen an! O! erstaunendes Wunder der
Barmhertzigkeit Gottes, die sich so tief zu den armen Sündern herunter läßet. Diese
Betrachtung, wie sie auch seyn mag, so gab sie mir doch unvermercket einen heimlichen
Trost, daß Gott sich meiner auch vielleicht erbarmen könte und wieder zu Gnaden an-
nehmen. Zweymahl bin ich in Berlin sterbens kranck gewesen, da hätte man gedencken sollen,
nun wird er auf der gäntzlichen Beßerung seines Lebens bedacht seyn und sich von Hertzen zu Gott
wenden. Allein thut mans nicht in gesunden Tagen, in Krancken ist man viel zu schwach solches
wichtiges Werck recht auszuführen, zumahlen es auch des Leibes Kräffte mitnimmet und erfordert.
Solche Kranckheiten sind zwar gut, einem Menschen Zeit zugeben ietzo nachzudencken, was man
gethan und sich zu was beßers zu resolviren. Allein ohne Gottes sonderbahren Beystand wird
damit nicht viel gefruchtet werden. Das Versprechen, welches Krancke personen thun, ist oft
so schwach und kranck, daß es so bald stirbet, als der Krancke geneset. Eben so war es mit mir
auch und die lateinische Sententz: "Daemon languebat, monachus bonus esse volebat,
ast ubi convaluit, mansit ut antea fuit, ging bey mir in seine rechte Erfüllung, und
wie ich mich noch erinnere, so habe bey Gelegenheit selbst hernach dieses Uhrteil mit diesen
Worten über mich gefället. Bey Lesung eines gewißen Buches behertzete ich sonderlich die
schnelle Hinflüchtigkeit unserer Lebens Tage, wie so gar bald die Zeit und wir mit ihr davon
eileten nach der grauen Ewigkeit. Wer wolte da mit Besichtigung eiteler und geringer
Dinge dieser Welt, die Gelegenheit versäumen, die uns von dem Uffer des Elends nach dem
rechten Vaterland bringet. Ich ging mit meinen Gedancken Himmel und alles durch und
suchte gleichsahm in allen Winckeln das Höchste Gut. Ich stellete mir alle Ergötzlichkeit vor
die nur unter der Sonnen scheinet möglich zu seyn, daß sie Menschen genießen könten, aber
nach ihrer Art, neml. daß sie doch vergingen und so eine nach der andern besonders, derge-
stalt daß ich endlich zur richtigen Rechnung und Schluß kam, sehend,, daß alle sichtbaren
O! wie schön und andachtig und hertzlich, konte ich mit Worten, die ich selbst nicht ver-
stand aus dem Hertzen auf meine Knie behten, allein da die Gefahr vor über, so ver-
schwand auch die Inbrunst im Gebeht. Hier wäre es Zeit gewesen den Geist des Gebehts zu
bitten, daß Er wolle bey mir bleiben. Allein die Eitelkeit der Welt hatte noch in meinem
Hertzen die Oberhand. An einem Sonntage, als ich aus der Kirche nach Hause gekommen war,
nahm ich Thomas de Beusts Tractatlein in die Hand, das de arte bene moriendi geschrieben
und fand eben darin des Augustini Sententz, welcher spricht: maledictus omnis qui
florem iuventutis diabolo et faeces defaecatae senectutis DEO consecrat.
Das war mir als ein Donnerschlag auf mein Hertz, denn ich glaubete einmahl daß der
Ausspruch wahr und richtig wäre, über dem so konte ich mirs nicht einbilden, dass ich von
meiner Lebenszeit an solte mich Gott aufgeopffert und gewidmet haben. Und also
war es bey mir als schon gantz ausgemachet, ich hätte bishero nur dem Teuffel gedienet,
und wenn ich gleich nun wolte anfangen mich Gott aufzuopffern, so wäre es doch
nicht anders als daß ich Ihn nun mehro wolte die Heffen bringen, welches sich gar
nicht schicken noch räumen wolte, und als wäre ich schon verfluchet, gerichtet und
verdammet. Das härteste und schwereste hier bey war zu glauben, ob Gott wolte und
konte einem solchen Menschen Gnade erzeigen und Ihm diese Sünde vergeben? Gewiß
hier hatte ich Noht und Arbeit in meiner Seele auszudencken und auszufinden wie es
doch endlich würde möglich seyn, daß Gott den Fluch von mir nehme? Nach einer gerau-
men Zeit, da ich mich mit diesem Scrupul getragen, lernet ich nach und nach heimlich bewun-
dern die unermeßliche Barmhertzigkeit des großen Gottes, die mit nichts könte
verglichen werden. Meine Meditation darüber oder Einfall, den ich bekahm, war damahls
dieser, nemlich ich schloß folgender maßen. Es wäre sonsten ein liederliches Frauen Mensch
in ihrem übrigen Leben, so verworffen, daß sie kein erlicher Bauer, oder ansehnlicher Bürger
oder Edelmann, geschweige ein Fürst und König heurahten und ehrlich machen würde.
Denn das Mitleyden über solche arme Krancke unreine Huhre, um sie zu ehren, wäre
ein Ding das wider Vernunfft und über allen Verstand ginge. Allein, was thäte
wohl Gott? Er nehme eine Krancke, unreine, blinde, nackete, veruchte und verfluchte
Seele, die bishero des Teuffels Huhre gewesen, zu Gnaden an, finge sie an zu erheben
zu ehren und mit seinem Sohn zu vermählen an! O! erstaunendes Wunder der
Barmhertzigkeit Gottes, die sich so tief zu den armen Sündern herunter läßet. Diese
Betrachtung, wie sie auch seyn mag, so gab sie mir doch unvermercket einen heimlichen
Trost, daß Gott sich meiner auch vielleicht erbarmen könte und wieder zu Gnaden an-
nehmen. Zweymahl bin ich in Berlin sterbens kranck gewesen, da hätte man gedencken sollen,
nun wird er auf der gäntzlichen Beßerung seines Lebens bedacht seyn und sich von Hertzen zu Gott
wenden. Allein thut mans nicht in gesunden Tagen, in Krancken ist man viel zu schwach solches
wichtiges Werck recht auszuführen, zumahlen es auch des Leibes Kräffte mitnimmet und erfordert.
Solche Kranckheiten sind zwar gut, einem Menschen Zeit zugeben ietzo nachzudencken, was man
gethan und sich zu was beßers zu resolviren. Allein ohne Gottes sonderbahren Beystand wird
damit nicht viel gefruchtet werden. Das Versprechen, welches Krancke personen thun, ist oft
so schwach und kranck, daß es so bald stirbet, als der Krancke geneset. Eben so war es mit mir
auch und die lateinische Sententz: "Daemon languebat, monachus bonus esse volebat,
ast ubi convaluit, mansit ut antea fuit, ging bey mir in seine rechte Erfüllung, und
wie ich mich noch erinnere, so habe bey Gelegenheit selbst hernach dieses Uhrteil mit diesen
Worten über mich gefället. Bey Lesung eines gewißen Buches behertzete ich sonderlich die
schnelle Hinflüchtigkeit unserer Lebens Tage, wie so gar bald die Zeit und wir mit ihr davon
eileten nach der grauen Ewigkeit. Wer wolte da mit Besichtigung eiteler und geringer
Dinge dieser Welt, die Gelegenheit versäumen, die uns von dem Uffer des Elends nach dem
rechten Vaterland bringet. Ich ging mit meinen Gedancken Himmel und alles durch und
suchte gleichsahm in allen Winckeln das Höchste Gut. Ich stellete mir alle Ergötzlichkeit vor
die nur unter der Sonnen scheinet möglich zu seyn, daß sie Menschen genießen könten, aber
nach ihrer Art, neml. daß sie doch vergingen und so eine nach der andern besonders, derge-
stalt daß ich endlich zur richtigen Rechnung und Schluß kam, sehend,, daß alle sichtbaren