Pr. 31. Oct. 5.
Hochwürdiger Herr Doctor!
 
Seit 1799 berichtete ich in jedem Jahr was hier geschieht, entweder an Euer Hochwürden oder an den
Herrn Pastor Nebe. Für die evangelisch lutherische KirchenVerfassung ist hier wenig auszurichten,
ich prüfe mich vor dem Angesicht Gottes ob ich den Leuten das Evangelium in seiner Lauterkeit verkün-
dige. Gestern laß ich nach geendigter Versammlungen 2 Predigten des sel. August Hermann Franckens
über Rom. 8, 3. 4 . Von dem Rath Gottes von unserer Seligkeit – diese sollten ja fleißig gelesen werden, und
was darinnen enthalten ist fleißig gepredigt werden. – Doch wird es ihnen gesagt, zu einem Zeugnis über sie. –
So oft sich ein neues Jahrhundert anfängt geschehen besondere merckwürdige Dinge. Von 1800 bis dieses
Jahr zeigten sich in jedem Jahre besondere Ereignisse, aber das vergangene war das allermerckwürdigste. In
Georgien sind wohl die Leute in manchen Gegenden etwas milder geworden, sonst ist aber grose Verwirrung, und
die Obrigkeit trägt selbst vieles darzu bey. Es ist beklagenswerth daß solche Leute öffentliche obrigkeitliche Aem-
ter verwalten, welche Feinde der Wahrheit sind, und dann auch solche, welche bey aller Gelegenheit die ihnen vorkommt, sich
dem Trunck überlassen, wie ich leider! in EbenEzer am OsterMonntage, da Trustees und KirchenVorsteher gewählt wur-
den hören und sehen muste. Neben der Kirche ist jetzt ein Wirthshaus, wenn die Wahl ist so finden sich immer wilde En-
glische ein und die üblen Deutschen folgen ihnen, um Unruhe zu stiften. Da wir in der Kirche nach der Wahl das Lied sangen
Ach bleib mit deiner Gnade p. worauf auch gebethet ward, so entstandt auf einmal ein heftiges Lermen, doch ließ ich mich
nicht stören, der Urheber war der Sohn des alten verstorbenen Waldhauers der noch darzu eine FriedeRichter ist, (justice of
peace) und wäre fast noch zu mehrern Thätigkeiten gekommen. So handelt dieser Mensch so oft er nach EbenEzer oder
zum CourtHause kommt, und so übel führen sich auch nicht wenige andere auf. Zur Assembly werden alle Jahr Leute ge-
schickt, die nur ihr eigenes Interesse suchen. Es geschieht, daß manche so betruncken sind, daß gar nichts ausgerichtet
wird. 1803 gaben die Täuffer welche Bärte tragen eine Bittschrift ein, von allen öffentlichen Verrichtungen und Militz
Uebungen frey zu seyn, sie wollten dafür die nehmlichen Taxen zahlen, wie die Quäcker, ihre Bitte ward ihnen weder ab-
geschlagen noch gewähret. Sie sind in Georgien an der Zahl sehr gering, da sie keinem Gliede unter sich erlauben Ne-
gerSclaven zu halten und ein obrigkeitlich Amt zu verwalten, so vermehren sie sich auch nicht. Wenn andere indem sie ei-
nen Eid schwören die Bibel küssen, so heben diese die Hände auf. Mit dem Eiden wird hierzuLande sehr groser Misbrauch
getrieben. Auch ward nie die Tauffe so angefochten als jetzt besonders die Kindertauffe, da die Anzahl derer, die als Er-
wachsene getauft werden von Zeit zu Zeit zunimmt. In EbenEzer wurden im vergangenem 1804. Jahre 14 getauft
überhaupt 28 worunter auch Englische waren, die Kinder der in der KirchenOrdnung unterschriebenen Glieder werden in
der Kirche vor der versammelten Gemeine getauft, doch können nicht alle mit zum Heil. Abendmahl gelassen werden. Die Kir-
chenOrdnung zeugt wider sie, und diese wird allemahl am Ostermonntag nach der Predigt vor der Wahl abgelesen, auch
der Charter of Incorporation of the Ebenezer Church and its dependencies. Die Zahl der Communicanten war 28
2 Jünglinge welche dem 21. May confirmirt worden, Daniel Weitmann 16 Jahr und Benjamin Gloner 17 Jahr sind nun in der
Sr. Hochwürd. dem Herrn Doctor und Director Knapp.