zu dem Ende kaufte er mir ein Clavier und eine Geige, da-
mit ich bei Zeiten die nötigen fundamenta in der Music legen
möchte. Diß alles gienge seinen guten Gang. Unter der
Hand ergab es sich, daß ich mit meinen übrigen Mitschülern
auch einen Grund in der griechischen und hebräischen Sprache
legte. Als meine Confirmation vorbey war, so sollte
ich auf Anrathen verschiedener rechtschaffener Männer in
das Gymnasium illustre zu Stuttgardt geschickt werden.
Ich wurde von dem Rectore Gymnasii examinirt und vor
tüchtig erklärt, die 6te Claße zu frequentiren.
Mein Vater freuete sich, daß es ihm mit mir so gut gelungen,
und dachte vielleicht heimlich, etwa mit der Hülffe Gottes
einen Pfarrer aus mir zu machen. Darzu mögen ihn
folgende 2 Hauptgründe veranlaßet haben
1.) Weil ein jeder Bürgers Sohn von Kirchheim, der die Theo-
logie studiret, von dem dasigen Wiederholdischen Stift 300 Gulden
bekommt. 2) weil mein lernen und meine übrige Auffüh-
rung bis ins 15te Jahr so beschaffen war, daß man fast
mit Recht die beste Hofnung von mir faßen konnte.
Ich kam also wircklich in eine Kost nach Stuttgardt, und
zwar zu einem Mezger, der zugleich ein Gastwirth war,
und Frembde speiste und beherbergte, woselbst schon ein
anderer junger Mensch von guter Art und von gleicher
Bestimmung war. Mein Vater vermeinte freylich, die
Wahl nicht übel getroffen zu haben und mich neben
diesem gesitteten und stillen Jüngling wohl versorgt
zu sehen. Allein diß war eben der Ort, wo alles
das, was die Schuljahre über in meinem Herzen und
Nieren gleichsam geschlaffen, rege wurde, und zum
vollen Ausbruch kame. Bekanntlich walten in den
Wirtshäusern mehrere Aergerniße, und eine giftigere
Luft als sonsten, und ein junger Mensch, der von der
genauen Aufsicht der Eltern und scharffen Schul-Zucht
weg, - und auf einmal in eine große Freyheit hinein-
kommt,um und sich selbsten überlaßen ist, muß
von solchen Aergernißen wie von einem starcken
Strom dahingerißen werden ohne Auffenthalt.
Ich habe in diesem Hauß und Stadt alles das gelernt,
was ein unverjohrner //junger// Mensch in diesen Jahren zu
lernen fähig ist, und mein Geist ist durch das vier
Jahr getriebene mehr als heidnische Leben von seinem
guten Schöpffer und getreuen Vater mehr als einem
Menschen-Ohr darf anvertraut werden entfernet worden.
mit ich bei Zeiten die nötigen fundamenta in der Music legen
möchte. Diß alles gienge seinen guten Gang. Unter der
Hand ergab es sich, daß ich mit meinen übrigen Mitschülern
auch einen Grund in der griechischen und hebräischen Sprache
legte. Als meine Confirmation vorbey war, so sollte
ich auf Anrathen verschiedener rechtschaffener Männer in
das Gymnasium illustre zu Stuttgardt geschickt werden.
Ich wurde von dem Rectore Gymnasii examinirt und vor
tüchtig erklärt, die 6te Claße zu frequentiren.
Mein Vater freuete sich, daß es ihm mit mir so gut gelungen,
und dachte vielleicht heimlich, etwa mit der Hülffe Gottes
einen Pfarrer aus mir zu machen. Darzu mögen ihn
folgende 2 Hauptgründe veranlaßet haben
1.) Weil ein jeder Bürgers Sohn von Kirchheim, der die Theo-
logie studiret, von dem dasigen Wiederholdischen Stift 300 Gulden
bekommt. 2) weil mein lernen und meine übrige Auffüh-
rung bis ins 15te Jahr so beschaffen war, daß man fast
mit Recht die beste Hofnung von mir faßen konnte.
Ich kam also wircklich in eine Kost nach Stuttgardt, und
zwar zu einem Mezger, der zugleich ein Gastwirth war,
und Frembde speiste und beherbergte, woselbst schon ein
anderer junger Mensch von guter Art und von gleicher
Bestimmung war. Mein Vater vermeinte freylich, die
Wahl nicht übel getroffen zu haben und mich neben
diesem gesitteten und stillen Jüngling wohl versorgt
zu sehen. Allein diß war eben der Ort, wo alles
das, was die Schuljahre über in meinem Herzen und
Nieren gleichsam geschlaffen, rege wurde, und zum
vollen Ausbruch kame. Bekanntlich walten in den
Wirtshäusern mehrere Aergerniße, und eine giftigere
Luft als sonsten, und ein junger Mensch, der von der
genauen Aufsicht der Eltern und scharffen Schul-Zucht
weg, - und auf einmal in eine große Freyheit hinein-
kommt,
von solchen Aergernißen wie von einem starcken
Strom dahingerißen werden ohne Auffenthalt.
Ich habe in diesem Hauß und Stadt alles das gelernt,
was ein unverjohrner //junger// Mensch in diesen Jahren zu
lernen fähig ist, und mein Geist ist durch das vier
Jahr getriebene mehr als heidnische Leben von seinem
guten Schöpffer und getreuen Vater mehr als einem
Menschen-Ohr darf anvertraut werden entfernet worden.
