geübt, mich gern in das Singechor aufnehmen, vor
meinen Unterhalt sorgen und mir meinen Aufenthalt
daselbst so leicht und angenehm als möglich machen. Mein
Vater gab mir den Brief und überließ mich hierin gänzlich
der Führung Gottes und meiner eigenen Neigung. Ich wurde
darüber ausserordentlich frölich und preisete Gott, daß Er
mir doch noch wolle einen Weg zeigen, wie ich Ihm durch fer-
neres studiren nützlich werden könte. Konte nicht so lange
warten daß mein Vater erst meine Neigung schriebe, und
Antwort erhielte, sondern persuadirte meinen Vater, mit
mir gleich den folgenden Tag selbst nach Minden zu gehen, um
mich meinen Wohlthätern darzustellen, welches er auch mit
Vergnügen that. Ich legte eine kleine Probe im singen ab und
hatte das Glück Ihnen wegen meiner feinen Discant Stimme
zu gefallen. Es wurden denn die Versprechungen wieder-
holet, daß sie sich bemühen wolten mir einen freyen Tisch
auszumachen, Logis und Information solte ebenfalls frey
geniessen. Und es wurde nun weiter verabredet daß in
4. Wochen nähere Nachricht erfolgen solte. Es daurete aber
kaum 14. Tage, so kam wieder ein Brief, daß ich nur in
Gottes Namen kommen solte, weil Gott schon für mich reichl.
gesorgt hätte. Ich reisete daher im Sept. 1755. dahin und
wurde sehr wohl aufgenommen. So treulich, väterlich
und liebreich sorgte der gütige Gott in äusserlichen; aber eben
so und noch mehr besorgte Er auch das Heil //se// meiner
Seelen. Hier fieng Er sein Gnadenwerck auf neue in
mir an. Er brachte mich, vermittelst seines Worts durch den
Dienst seiner rechtschaffenen Knechte, zur Erkentnis mei-
nes verdammlichen Zustandes, und würkete in mir einen
besondern Ernst durch Jesum meine Seligkeit zu suchen.
Da ich aber, leider, nicht beständig an der Hand seines
guten Geistes mit einfältigen Herzen blieb, sondern
mich selbst führen wolte, so fieng auch das Gnaden-
licht nach und nach an, in mir wieder zu erlöschen. Den-
noch aber würde der treue Gott nach seiner grossen
Geduld des Erbarmens nicht müde, sondern klopfte im-
mer von neuen wieder an, und suchte bald mit Liebe,
bald mit drohen mein Herz wieder zu gewinnen. Unter
das letzte rechne ich auch die grosse und augenscheinliche